Die Stahlstraße macht zurzeit Schlagzeilen. Am vergangenen Wochenende
ist in der ältesten Laufstraße Deutschlands eine 24-jährige Rumänin aus dem
Fenster gesprungen. Bei dem Sturz aus dem ersten Obergeschoss erlitt sie
schwerste Verletzungen. Die Hintergründe des Vorfalls sind unklar. Eine Zeitung
berichtet von angeblich organisiertem Menschenhandel in dem bestimmten Unglückshaus.
In der Bordellstraße gibt es 17 Häuser, in denen Frauen ihre Liebesdienste anbieten, versteckt
hinter Mauern, mittlerweile umgeben von zwei großen Möbelhäusern und anderen
Geschäftsbetrieben. Die Polizei hat sich aus dem Gebiet zurückgezogen. Bis
Anfang der 1970er-Jahre gab es direkt neben dem Dirnenwohnheim (amtlicher
Begriff) die „Puffwache“, so wurde sie in Polizeikreisen genannt, eine kleine
Außenstelle der damaligen Hauptwache (Schutzbereich I) am Webermarkt. Selbst im
Polizeipräsidium saß bei der „Sitte“ ein Kripobeamter, der sich ausschließlich
um die Belange der Stahlstraße und der dortigen gewerblichen Tätigkeit kümmerte.
Papa Ferner nannten ihn die Frauen. Sie kamen vor Ausübung ihrer Tätigkeit freiwillig
ins Präsidium und meldeten sich bei ihm an. Nach der erkennungsdienstlichen
Behandlung und der Ausstellung des so genannten „Bockscheins“ vom
Gesundheitsamt durften die Frauen in einem der Häuser arbeiten. Übrigens, die
Tagesmiete eines Zimmers betrug in dieser Zeit etwa 100 Mark. Wobei ein Raum teilweise
in zwei Schichten vermietet wurde. Kein schlechter Mietzins für 24 Stunden.
Zurück zur Puffwache. Dort versah auch ein Beamter Dienst,
der enge Kontakte zu einer älteren Bewirtschafterin und Eigentümerin eines der Häuser
unterhielt. Übrigens zusammen mit seiner Ehefrau, bevor jemand hier auf falsche
Gedanken kommt. Als die Immobilienbesitzerin starb, erbte besagter Polizeihauptmeister
G. ihr Haus. Kurz danach quittierte er den Polizeidienst, hing seine
Polizeimütze an den Nagel, veräußerte seinen „Puff“ und eröffnete in einem
hessischen Mittelgebirge ein Hotel.
Zu dieser Zeit war die Polizei eben nahe dran am Dirnenwohnheim,
nicht nur mit ihrer Wache.
Am Rande: Als junger Schutzmann lernte ich, dass die
kostenlose Gewährung des Geschlechtsverkehrs den Tatbestand der Annahme von
Geschenken erfüllt. Ein Disziplinarverfahren wäre die Folge gewesen. Das hielt
einen verheirateten Beamten allerdings nicht davon ab, mit einer dunkelhäutigen
Hure (korrekter Begriff für den Beruf) eine Liaison einzugehen. Das ungleiche
Paar fiel natürlich beim Flanieren über die Kettwiger Straße gar nicht auf.
Genau hier, Nordhofstraße 8, existierte die
Polizeiwache bis etwa 1971/72. Links sind die ersten Häuser der Stahlstraße
erkennbar. Das Mehrfamilienhaus existiert nicht mehr.
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