Donnerstag, 10. April 2025

Vor 80 Jahren - Zwangsarbeiter durch Fliegerangriff getötet

Essen-Schuir: Haben die amerikanischen Piloten die 3000 Zwangsarbeiter, Männer, Frauen und Kinder, in ihren blauen Drillich-Anzügen am 9. April 1945 nicht erkannt, als sie ihre Bordkanonen abfeuerten? Dachten sie es wären deutsche Soldaten? Die Fragen bleiben unbeantwortet. Der zweite Weltkrieg dauert nur noch ein paar Tage. Amerikanische Truppen sind schon im Ruhrgebiet, stehen am Rhein-Herne-Kanal.

Die Zwangsarbeiter müssen in Begleitung von bewaffneten deutschen Soldaten, Hitlerjungen und Volkssturmmännern von Mülheim nach Essen-Werden gehen. Der Treck befindet sich auf dem Schuirweg. Die Straße schlängelt sich durch Wiesen und Felder. Plötzlich greifen Tiefflieger die Marschkolonne an und schießen drauflos.  Die Männer, Frauen und Bewacher springen in die Gräben neben der Straße.  Viele werden allerdings getroffen, schwerverletzt, etwa 40 der ausländischen Zwangsarbeiter sterben. Die Zahl der Getöteten schwankt.

Gedenken und Kranzniederlegung am 9. April 2025

 Heinz Feldmann, damals 14 Jahre alt, hat den Angriff miterlebt. Er wohnt im Haus direkt am Schuirweg. Sein Vater ist Landwirt und betreibt einen großen Bauernhof. Der 94-Jährige heute: „Überall lagen Verwundete und Leichen. Auch Kinderwagen habe ich gesehen.“ 

Unter den Toten ist Kaziemierz Soporowski (30) aus Warschau.  Er hat einen Bauchschuss abbekommen und stirbt wahrscheinlich noch am Straßenrand. Die Toten werden zunächst notdürftig vor Ort begraben und 19 von ihnen später auf dem Südwest-Friedhof alle ohne Namen beigesetzt. 

Bogdan Soporowski (links) mit Heinz Feldmann

Unter den Überlebenden des Angriffs sind auch der Bruder und Schwiegervater von Kasimir Soprowski. Erst viele Jahre später erzählen sie von der Tragödie. Bogdan, am Todestag des Vaters noch kein Jahr alt, versucht den Sterbeort und die Grabstelle seines Vaters in Essen zu finden. 2006 gelingt es ihm mit Hilfe des Essener Historikers Ernst Fritz. Kasimir Soprowski ist der Einzige der namentlich identifiziert werden konnte.

 

Ein Gedenkstein mit Inschrift erzählt seit 2007 die Geschichte der Tragödie vom Schuirweg. Jedes Jahr besucht Bogdan den Sterbeort seines Vaters, den er nie kennenlernen durfte, und die Grabstelle auf dem Südwest-Friedhof. Gestern war ein besonderer Tag. Die Besuchergruppe ist an dem 80. Jahrestag größer. Unter den Teilnehmern ist der ehemalige Bezirksbürgermeister Hanslothar Kranz, Heinz Feldmann, der polnische Generalkonsul sowie weitere Besucher. Auch der Sohn von Bogdan ist dabei. An der Stelle, an der sein Opa 1945 starb. Die anderen Toten bleiben unbekannt. (uk)


 Qellen: https://geschichte.essen.de/historischesportal_namen/friedhof/friedhofsfuehrer/friedhofsfuehrer_detailseite_876971.de.html

 





Montag, 7. April 2025

Kurz vor Kriegsende drei junge Soldaten hingerichtet

Vor 80 Jahren

Essen-Fischlaken: Aus meinem Fenster könnte ich direkt auf den Tatort schauen. Die Sicht wird jedoch von Bäumen und Sträuchern, einem kleinen Wäldchen, beeinträchtigt. Vor 80 Jahren wurden hier drei junge Soldaten kurz vor Kriegsende getötet. 

                            Hans van der Mee (22), Helmut Hawes (18) und Johann Hansjosten (18)

Standrechtlich erschossen, wie man zu dieser Zeit sagte. Im Angesicht des bevorstehenden Todes riefen sie nach ihren Müttern. Die Drei liegen heute in Kriegsgräbern auf dem Bergfriedhof. Eine Gedenktafel erzählt ihr Schicksal.

Ein 12-jähriges Mädchen aus Essen-Kray hat die Gräueltat miterlebt, berichtet Dr. Ernst Schmidt in seinem Buch „Lichter der Finsternis“. Ruth Peters hatte 1985 den Vortrag des Stadthistorikers in der alten jüdischen Synagoge1985 angehört und sich als Zeitzeugin zur Verfügung gestellt.

Hier ein Auszug: „Die letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs Klassiker erlebte ich mit meiner Mutter in der Masstraße (heute Kückelmanns Busch) in Fischlaken. […] …in diesem Augenblick vernahm ich zwei jämmerliche Schreie: „Mama, Mama! Und „Mutter, Mutter“.  […] …sah ich auf der Wiese einige Soldaten zusammenstehen. […] und erkannte in der Mitte des Kreises drei Soldaten, an Holzpfähle gebunden. Mir wurde augenblicklich klar, was hier geschehen sollte. Wütend rief ich, so laut ich konnte: „Schweine! Schweine! Schweine!“ Dann drehte ich mich um, rannte zu meinem Baum und kletterte hinauf. (Anmerkung: Ruth hielt sich dort vor den Soldaten, die ihr folgten, versteckt.) Die Gewehrschüsse, mit denen man die drei jungen Soldaten tötete, habe ich gehört. […] An den Holzpfählen waren noch Kugeleinschläge sichtbar. […] Den 7. April werde ich in meinem Leben nicht vergessen.“

2025 - Der Tat- und Hinrichtungsort mit Blick auf die Maasstraße

 
Die drei jungen Soldaten hatten Heimaturlaub in Essen-Altendorf und kehrten nach Ablauf nicht zu ihrer Einheit zurück. Die alliierten Streitkräfte standen schon am Rhein-Herne-Kanal. Der NSDAP-Gauleiter und ehemalige Polizeipräsident Fritz Schleßmann hatte die Räumung von Essen angeordnet. Amerikanische Tiefflieger flogen über das Stadtgebiet. Ein Nachbar verriet die Jungs.  Mit Hilfe der Polizei und zwei Angehörigen des so genannten Volksturms wurden Hans, Helmut und Johann festgenommen und nach Fischlaken transportiert. Der Vorwurf: Fahnenflucht. Das Urteil: Tod durch Erschießen.  

Gedenktafel auf dem Bergfriedhof in E-Fischlaken

 

Sonntag, 6. April 2025

Wir sind blutrünstig und Owi lacht

 Vor 50 Jahren. Für die Polizei ist es das Jahrzehnt von „Meyer, Stiefel, Jacoby“. Die drei Verkehrswissenschaftler stellen die These auf: Einem Verkehrsunfall muss eine Vielzahl von folgenlosen Sanktionen entgegenstehen. Nur so können die Unfallzahlen gesenkt werden. Die Politik musste handeln. Es gab nämlich zu dieser Zeit bis zu 21.000 (!) Verkehrstote und Zehntausende Verletzte in einem Jahr in Deutschland. Die Bevölkerung einer Kleinstadt starb auf den Straßen.

Für uns junge Polizisten hieß das in den 1970er.Jahren: Tät, Tät, Tät. Anzeigen, Anzeigen, Anzeigen. Unser damaliger Wach- und Einsatzführer entließ uns in den Nachtdienst mit den Worten: „Wir sind wieder blutrünstig.“ Im Früh- und Spätdienst lautete die Parole: „Owi lacht", pro Beamter mindestens eine Anzeige aus dem Bereich der Hauptunfallursachen (Geschwindigkeit, Rotlicht, Überholverbot etc.) Einsatztrupps "Verkehr" (ET/V) gab es auf jeder Hauptwache. Und manch ein Kollege sah dann schon einmal Rot, obwohl die Ampel noch Gelb zeigte. Die Autofahrer wurden gejagt. 


 Und wer viel an Blut und Owis heranschaffte, der wurde auch schon mal eher befördert. Denn die Vorgesetzten bis hin zum Innenministerium achteten auf die Zahlen. Es gab den so genannten „Schimpferlass“. Die Behörde, die in der Tabelle unten stand, erhielt einen Rüffel aus Düsseldorf. Das war keine gute Zeit – für Autofahrer und Polizei.

Und heute. Die Autos sind sicherer geworden (Rückhaltesysteme, Airbags etc.), das Rettungssystem ist besser, ebenso die ärztliche Kunst etc. Und die Verkehrsdichte nahm immens zu. Im Stau passieren keine Verkehrsunfälle.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verknüpfte die enorme und oftmals übertriebene Verkehrsüberwachung und den Leistungsdruck mit Beförderungen der Polizisten, wie der Artikel in der NRZ vom 5.4.1975 beweist. Und da war etwas dran.




 

Mittwoch, 2. April 2025

„MEIN BRUDER IM GEISTE“

 RTL-Doku über eine tragische Krankengeschichte über Vater, Sohn und Tochter

Damian, Sohn des RTL-Reporters Burkhard Kress (67), starb im Alter von nur 30 Jahren an Magenkrebs. Eine selten, genetisch bedingte Anlage in der Familie. Bevor die Krankheit diagnostiziert wurde, gab es viele ärztliche Fehldiagnosen für Damian. Wer vermutet auch schon bei einem 30-Jährigen diese schlimme Krankheit?

Noch in der Trauerphase bekam auch Vater Burkhard und ebenfalls seine Tochter die gleiche Diagnose. Magenkrebs. Der RTL-Reporter ließ sich von dem renommierten Arzt Prof. Dr. Martin Walz von den Kliniken Essen Mitte (KEM) im Huyssenstift den Magen entfernen. Die vierstündige Operation vor einem Jahr verlief erfolgreich. Aber vor dem komplizierten Eingriff konnte der Journalist den Chirurgen von einer filmischen Begleitung überreden. Der 67-Jährige:“ Als Journalist habe ich viele Reportagen über andere Menschen gemacht, jetzt wollte ich meine Familiengeschichte erzählen.“ Nach ersten Bedenken stimmte Prof. Walz zu und ist mittlerweile von dem Ergebnis begeistert. „Der Film müsste den Grimme-Preis bekommen.“ Die vier Jahre ältere Schwester von Damian lebt mittlerweile ebenfalls ohne Magen.

 

Heute erzählten Burkhard Kress (rechts im Bild) und Prof. Dr. Martin Walz ihre Geschichte auf einer Patientenveranstaltung im Hotel Franz.

P.S. Meine Frau und ich waren Zuhörer. Denn auch mir entfernte Prof. Walz vor viereinhalb Jahren den Magen. Ich fühlte mich heute beim Vortrag so ein wenig wie ein Bruder im Geiste mit Burkhard Kress. Und die gleichen Gedanken wie er nach der Diagnose „totale Magenresektion“ hatte ich auch: Wie? Man kann ohne dem Organ weiterleben? Die Antwort: Ja, sogar mit kleineren Einschränkungen sehr gut. Wir Magenlose können (fast) alles essen und trinken. Eben in kleineren Mengen pro Mahlzeit. Und sehen wir es mal positiv. Nach enormer Gewichtsabnahme im ersten Jahr habe ich nach und nach mein Idealgewicht erreicht.

Hier die bewegende Dokumentation: https://www.youtube.com/watch?v=GcUfvQYDdEc