Donnerstag, 29. Dezember 2016

Knall nicht gehört



In einigen Innenstädten, wie in der Düsseldorfer Altstadt, gibt es in diesem Jahr Böllerverbot. Ein Discounter wirbt seit Tagen. Die Knaller-Tage sind schon ab 7 Uhr geöffnet. Vor Augen haben wir alle noch, was vor einem Jahr in Köln passierte, als Verrückte auf der Domplatte Raketen in die Menschen schossen. Auch in diesem Jahr wird wieder die Feuerwehr ausrücken müssen. Die Polizei und die Ordnungsämter warnen vor „Polenböller“ und bitten um fachgerechten Umgang mit Feuerwerksartikeln. Die Tierfreunde wünschen Verzicht, die Umweltschützer ebenso. Und so guter Letzt lese ich heute in der Zeitung, dass die Entsorgungsbetriebe die Feierfreunde bitten, ihren Dreck nach dem Knallen wegzuräumen. Die einzigen Gewinner sind die Hersteller, wie in jedem Jahr.

 
Foto: pixabay

Dienstag, 27. Dezember 2016

Nils Heinrich im Radio - Altherren-Bashing

Seinen heutigen Kommentar im Radio auf  WDR 2 begann Nils Heinrich, der sich auf seiner Homepage tiefenentspannter Satiriker nennt,  wie folgt: „ Es werden immer mehr und sie leben immer länger, alte Herren. Ich habe nichts gegen sie, aber müssen sie immer so laut sein.“ Das ließ mich aufhören.
Und dann schmiss er die alten Herren ( „…die früher noch hinter der Gardine Falschparker gezählt haben“) in einen Topf mit Sarrazin (71) und Gauland (75). Das ließ natürlichen meinen Topf überlaufen. 
Ich fand die Beiträge von Nils Heinrich (45) noch nie prickelnd, im Vergleich zum Beispiel mit denen von Wilfried Schmickler oder Fritz Eckenga. Seine Radiostimme auch nicht, aber dafür kann er ja nichts. Aber was sich der gebürtige Sachsen-Anhalter heute im WDR  geleistet hat, war einfach schlecht. Kein Kabarett, keine Comedy, keine Satire. Hätte er sich die Opas Gauland und Sarrazin vorgeköpft, wäre dies ja noch in Ordnung gewesen, aber die Verwurstung mit Themen wie dem gesellschaftlichen Generationenkonflikt („…weil die Jüngeren immer mehr arbeiten müssen, damit die Alten Geld haben für ihren DSL-Anschluss“) oder dem Schulsystem (…den kapiert noch nicht einmal meine Frau und die hat studiert, wie sollen das denn Leute mit Hauptschulabschluss raffen, was man da eintragen soll“). Und zum Schluss möchte er die alten Herren zum zweiten Mal auf den Friedhof ("…werden immer mehr und leben immer länger“) schicken. Wäre ich Intendant vom WDR, dann würde ich Sie, Herr Heinrich, nicht auf den Friedhof aber in die Wüste schicken oder besser vom Sender nehmen.
 
Hier der misslungenen Beitrag von Nils Heinrich: http://www1.wdr.de/radio/wdr2/programm/comedy/nils-heinrich-100.html


Foto: Screenshot - Homepage WDR 2

Freitag, 23. Dezember 2016

Weihnachten...



Weihnachten war bei uns aufregend, wie wohl in allen Familien Der heilige Abend lief nach einem festen Ritual ab. Meine drei älteren Brüder und ich kamen erst einmal in die Badewanne, hintereinander oder gemeinsam. Tägliche Ganzkörperwäschen und Duschen gab es ja erst viel, viel später. Am späten Nachmittag ging es zum traditionellen Gloria-Blasen an den Rathausturm  in Gelsenkirchen-Buer. Das gibt es schon seit 1912. Wir wohnten „umme“ Ecke am Polizeipräsidium. Vor der Bescherung aßen wir zu Abend meist Kartoffelsalat, Würstchen und selbst eingelegten Hering mit viel Zwiebeln. Wenn danach ein Klingeln ertönte, hatte sich gerade das Christkind verabschiedet. „Es ist aus dem Fenster geflogen, um den Weihnachtsbaum mit den brennenden Kerzen und viel Lametta herum“, sagte mein Vater immer. Vor der Bescherung, wurden zunächst Weihnachtslieder gesungen. Jeder bekam ein Geschenk. Am meisten habe ich mich über den Weihnachtsteller gefreut. Plätzchen, Lakritz, Gummibärchen und weitere leckere, süße Sachen drauf.

Vor kurzem hörte ich den Satz vom Schauspieler Miroslav Nemec, der in armen Verhältnissen in Kroatien groß geworden ist: „Wir verlieren uns im Überfluss.“ Da ist etwas dran.  

Heute war ich zum letzten Mal in diesem Jahr bei der McDonald’s Kinderhilfe im Hunderwasserhaus. Dort wohnt zurzeit die Familie des 12-jährigen Moussa aus Münster, der in der letzten Woche eine Spenderleber bekommen hat, auf die Mama, Papa, seine kleinen Schwestern Nora und Jara so sehnlich gewartet haben. Die Transplantation ist gut verlaufen. Gibt es ein schöneres Geschenk zu Weihnachten?

Ich wünsche schöne, stressfreie, besinnliche Tage im Kreise eurer Lieben und so banal wie es kling, wünsche ich allen Menschen die eigentliche weihnachtliche Botschaft: Frieden auf Erden.

  Weihnachten 1956. Das Foto zeigt uns vier Jungs mit Oma und Opa „Wanne“ (Name nach ihrem Wohnort Wanne-Eickel). Kreisel (ich), Pferdekutsche, Hubschrauber, Tornister. Das war’s.


Mittwoch, 21. Dezember 2016

Nach dem Terroranschlag in Berlin



Wenn all das zutrifft, was jetzt die Medien über den mutmaßlichen Mörder und Terroristen berichten, haben alle beteiligen Sicherheitsbehörden versagt, ebenso die politischen Verantwortlichen. Nicht nur in der jetzigen fatalen Situation, sondern schon seit vielen Jahren. Ein schleichender Prozess. Stichworte: Fehlendes Personal, insbesondere bei der Polizei, „stumpfes“ Straf-/ Strafprozessrecht, Mängel in der Sozial-, Asyl-, Ausländer- und Finanzgesetzgebung, fehlendes Einwanderungsgesetz, zu „lasche“ Justiz, mangelnde Selbstkritik. Immer wurde ein bisschen nachgebessert. Und auch nur dann, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen war. Hinzu kam die Tabuisierung gewisser Themen. Der ehemalige nordrhein-westfälische Polizeipfarrer Martin Krolczyk warnte 1990er-Jahren schon vor dieser falschen Verschwiegenheit („Es soll niemand sagen, wir haben es nicht gewusst“). So konnten in Deutschland Parallelgesellschaften (Familienclans) entstehen, die unser Rechtssystem verhöhnen, ebenso wie die sog. No-Go-Areas, die laut Politik nicht existieren. So können Menschen in der OK (Organisierte Kriminalität) ihren Reichtum mehren. So können Menschen ohne Identitätsnachweis in Deutschland Leben. So werden Bevölkerungsgruppen fälscherweise mit einer Nationalität bezeichnet, die ihr nicht zusteht. So wurden und werden gerade jetzt peu à peu die Türen der rechtsextremen Parteien aufgestoßen. Vor vielen Jahren sagte mir ein Kollege vom NRW-Landeskriminalamt. „Die (Gemeint waren die Parteien der Mitte) haben mein sozialdemokratisches Herz kaputt gemacht.“ Ich habe es noch. Wie lange?

Hier geht es zur Öffentlichkeitsfahndung des Bundeskriminalamtes:

https://www.bka.de/DE/IhreSicherheit/Fahndungen/Personen/BekanntePersonen/Amri/Sachverhalt_Amri.html?nn=61060


Ich glaube…



Heute genau vor zwei Jahren starb Udo Jürgens, einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Sänger, Komponisten und Textschreiber. 60 Jahre stand er auf der Bühne, mit über 100 Millionen verkauften Tonträgern einer der erfolgreichsten Künstler. Sein Tod kam plötzlich im Alter von 81 Jahren, drei Tage vor Weihnachten.  Udo Jürgens, mit richtigen Namen Udo Bockelmann, hinlässt eine Unmenge Lieder. Ich mag besonders seine Balladen, nachdenklichen und politischen Lieder, nicht so sehr die „Sahne-Trallala-Songs“. Eins meiner Lieblingslieder („Ich glaube…“) ist nicht so bekannt, es stammt aus den späten 1960er-Jahren und ist nach fast 50 Jahren immer noch brandaktuell.



Ich glaube - dass der Acker, den wir pflügen, nur eine kleine Weile uns gehört.
ich glaube - nicht mehr an die alten Lügen, er wär’ auch nur ein Menschenleben wert...
Ich glaube - dass den Hungernden zu Speisen, Ihm besser dient als noch so kluger Rat...
Ich glaube - Mensch sein und es auch beweisen das ist viel nützlicher als jede Heldentat...
Ich glaube - diese Welt müsste groß genug weit genug, reich genug für uns alle sein
Ich glaube - dieses Leben ist schön genug, bunt genug, Grund genug sich daran zu erfreuen...

Ich glaube - dass man die erst man fragen müsste, mit deren Blut und Geld man Kriege führt.
Ich glaube - dass man nichts vom Krieg mehr wüsste, wenn wer ihn will auch am meisten spürt...
Ich glaube - dass die Haut und Ihre Farbe, den Wert nicht eines Menschen je bestimmt.
Ich glaube - niemand brauchte mehr zu darben, wenn auch der geben wird, der heut nur nimmt!
Ich glaube - diese Welt müsste groß genug weit genug, reich genug für uns alle sein
Ich glaube - dieses Leben ist schön genug, bunt genug, Grund genug sich daran zu erfreuen...



Leider gibt es im Netz keine gesungene Version von Udo Jürgens. Ein Fan von ihm hat seine Interpretation auf „Youtube“  gesungen und zu seinem Lebensmotto gemacht.
https://www.youtube.com/watch?v=OVGJz3Oj8ds

Udo Jürgens 1987 im Friedrichsstadtpalast Berlin (Quelle: wikimedia.commons)

Montag, 19. Dezember 2016

Stille Nacht auf Schalke



Schalke kann nicht nur Fußball. Gestern sangen über 20.000 Besucher Weihnachtslieder in der Gelsenkirchener Arena, Huup Stevens, der Kultrainer der Knappen, las die Weihnachtsgeschichte von „Rudolph, der mit der roten Nase, mit seinem niederländischen Akzent und die Schalker Traditionself mit Mannschaftskapitän Olaf Thon sang „Vom Himmel hoch…“. Das hatte schon etwas - die richtige Einstimmung auf Weihnachten. Schön war’s. Nina, Danke für die Karten im Türchen 18 Deines Adventkalenders. 
 







Montag, 12. Dezember 2016

Sternenkinder



Auf dem kleinen Stuhl sollten eigentlich ein Mädchen oder Junge sitzen. Es sind insgesamt vier Kinderstühlchen mit jeweils brennenden Kerzen darauf. Sie stehen an den Ausgängen der evangelischen Kirche in Rellinghausen, gestern Abend am Weltgedenktag für verstorbene Kinder, der immer am zweiten Sonntag im Dezember jeden Jahres begangen wird.

„Ein Platz für Dich“ lautet das Motto des besonderen Gottesdienstes mit Familien, die ein Kind verloren haben. Die Kirche ist gut besucht, besser als an normalen Sonntagen. Ein Gitarrist spielt "Tears in Heaven". Eric Clapton verarbeitet in dem Song den Unfalltod seines vierjährigen Sohnes. Zum Abschluss werden die Namen der rund 30 Sternenkinder vorgelesen. Einem Vater versagt dabei immer wieder die Stimme. Er schafft es mit Unterstützung einer Mutter bis zum Ende der Namensliste. Die Eltern, Geschwisterkinder, Omas, Opas, Tanten und Onkel hängen danach einen Stern an einen kleinen Tannenbaum.  Auf manchen steht ein Name, auf anderen ein kleiner Spruch oder nur eine Notiz in krakeliger Kinderschrift, „Pauline, wir haben dich lieb“.

Unter den Besuchern entdecken meine Frau und ich ein uns bekanntes Ehepaar, das vor kurzem seine „Goldene Hochzeit“ feierte. Unser Sohn Axel, heute 44 Jahre alt, ist mit einem ihrer vier Jungen zur Schule gegangen. Burkhard starb 1991 im Alter von 18 Jahren ganz plötzlich an einer heimtückischen Krankheit. Und das Paar hatte schon einmal ein Kind im Alter von 14 Jahren verloren. Als wir später über „alte Zeiten“ reden, sehe ich die tränenfeuchten Augen des Vaters. Der Schmerz vergeht wohl niemals.

Anmerkung: Der Gottesdienst wurde mit Unterstützung der McDonald's Kinderhilfe Essen (Hundertwasserhaus im Grugapark) gestaltet.





Sonntag, 4. Dezember 2016

US-Rentnertruppe


Der neue amerikanische Präsident sieht offensichtlich im hohen Alter eines Menschen, sorry Mannes, einen Neustart ins (politische) Arbeitsleben.  Wenn sie dann noch richtig reich sind, scheint für Donald Trump (70) alles perfekt zu sein. Böswillig könnte man sagen: Er hat für sein Kabinett eine millionenschwere Altherrenmannschaft aufgestellt. Der älteste in der Riege ist 79 Jahre alt, der jüngste 44. Der senkt das Durchschnittsalter enorm. Im Durchschnitt sind die Opas und die eine 63-jährige Oma allerdings immer noch 60,6 Jahre alt. Na, dann: MAKE AMERICA GREAT AGAIN. 



Der hölzerne Donald Trump vom Essener Künstler Roger Löcherbach(uk-Foto)

Dienstag, 29. November 2016

Filmtipp: Paula - Das Leben ist ein Fest



Sie passte nicht ins (künstlerische) Männerbild von damals. Bekannt und berühmt wurde die Malerin erst nach ihrem Tod. Paula Modersohn-Becker(1876 – 1907)starb im Alter von 31 Jahren, drei Wochen nach der Geburt ihrer Tochter. Jetzt wurde ihr Leben verfilmt: Paula – Das Leben ist ein Fest. Gestern war Premiere in der Essener Lichtburg. Tolles Drehbuch und Regie. Wunderbare Aufnahmen (Kompliment an den Kameramann), wunderbare Schauspieler. Besonders die Hauptdarstellerin Carla Juri als Paula hat mich begeistert. Unbedingt anschauen. Der Film kommt am 15.12.2016 in die Kinos.
Ihre letzte Ruhestätte fand Paula Modersohn-Becker auf dem Friedhof des Künstlerdorfes Worpswede in der Nähe von Bremen (Reisetipp).


Carla Juri und der Regisseur Christian Schwochow

 
Das Team nach der Vorführung
 
 


Vor dem Paula Modersohn-Becker Museum in Bremen


Die Grabstätte in Worpswede


Dienstag, 22. November 2016

Respekt



Die NRW-Landesregierung hatte die vergangenen Woche zur „Woche des Respekts“ ausgerufen, ein Zeichen gegen Hass und Gewalt, für ein friedliches Miteinander und Wertschätzung.  Ich möchte an dieser Stelle einmal meinen Respekt unseren Politikern zollen. Ja, richtig gelesen. Bei aller Kritik, die meisten machen einen guten Job, ob ehren- oder hauptamtlich. Viele Mandatsträger werden allerdings angefeindet, beleidigt, verächtlich gemacht oder sogar bedroht, besonders nach Stammtischmanier in den sozialen Netzwerken. Mein Rat an alle Hassprediger: Runter von der Couch, Finger weg vom Computer und böse, menschenverachtende Kommentare weglassen, Hintern hoch und ab in eine demokratischen Partei. Dann könnt ihr zeigen, ob ihr es besser machen könnt,  ihr an manchen Tagen 16 Stunden arbeiten, auf das Wochenende und geregeltes Familienleben verzichten oder euch sogar beleidigt lassen möchtet. 
 

Das Foto habe ich in den späten Abendstunden (!) bei der SPD  im Essener Rathaus gemacht. Von links nach rechts:  NRW-Justizminister Thomas Kutschaty, Bundestagsabgeordneter Dirk Heidenblut und Ratsfrau Janine Laupenmühlen









Sonntag, 20. November 2016

Erinnerung an Moritz




Totensonntag. Heute denken  wir an unsere verstorbenen Familienangehörigen, Freunde, Bekannten, Arbeitskollegen. Ich denke vor allen Dingen an Moritz, der genau vor zwei Jahren ging, im Alter von nur acht Jahren, und an seine Familie. Ich kenne niemand, der bei mir so viel gute Erinnerungen, Freude und Nähe hinterlassen hat, wie das kleine Männlein, der so gerne Polizist werden wollte. Moritz eroberte dort durch seine besonders fröhliche, offene Art, durch seinen schwäbischen Dialekt die Herzen aller, trotz seiner Krankheit. Meins besonders. Fünf Wochen vor seinem Tod besuchte ich ihn zum letzten Mal in der schwäbischen Kleinstadt Mühlheim an der Donau. Moritz klammerte sich da schon sehr eng an seine Mama, ließ sie kaum aus den Augen. Sie wollte an diesem Samstag einmal für ein paar Stunden abschalten, einen halben Tag mit ihren Freundinnen verbringen. Moritz ließ sie gehen, weil er wusste, dass sein großer Freund aus Essen kam, erzählten mir später seine Eltern. Er saß stundenlang auf meinem Schoß. Zusammen mit seinem Papa und Bruder schauten wir Fußball. Am 20.11.2014 starb Moritz.




Ein föhlicher Moritz im Duisburger Zoo


Sonntag, 13. November 2016

1000. Tatort



Herzlichen Glückwunsch zum 1000. Tatort – gleich im Ersten.  Und wie oft musste ich mir im Laufe der Jahrzehnte von meiner Frau anhören: “Reg’ dich nicht auf. Ist doch nur ein Film.“ Dies zum Thema Polizeiwirklichkeit. Im 100. Tatort „Ein Schuss zuviel“, ausgestrahlt 1979, musste (durfte) ich mitspielen,  quasi dienstverpflichtet. Mein Dialog mit Hans-Jörg Felmy alias Kommissar Heinz Haferkamp. Er: “Ist der Herr Kreutzer da.“ Ich: „Ja, der ist rechts im Büro.“ Ende meiner Schauspielkarriere.

Begegnung in der Dunkelheit

Ein Autogramm vom "Kommissar" für den Kommissar

Freitag, 11. November 2016

Freund Hein



Immer wenn ich als junger Mann meine Eltern besuchte, lag auf der Küchenanrichte meist ein Totenbrief. Es war wieder jemand gestorben. Aus der Familie, dem Kollegen- oder Bekanntenkreis. „Papa war in dieser Woche auf einer Beerdigung,“ hörte ich meine Mutter oft sagen. Ich war noch zu jung, um zu verstehen, dass so viele Menschen im Umkreis meiner Eltern gingen. Und viele Jahre später, geht es mir ähnlich. Die Konfrontationen mit dem Sterben nahestehender Menschen nehmen zu. Ich bin ja auch schon als Rentner und Opa auf der Zielgraden des Lebens. Da ich aber irgendwann beschlossen habe, den Tod als meinen Freund ("Hein") zuzulassen, ängstigt er mich nicht mehr.

Heute trugen wir einen lieben Kollegen zu Grabe. Erhard, 66 Jahre alt. Er war Polizist, aber vor allen Dingen Musiker. Sein letzter Gang wurde unter großer Anteilnahme von seinem Blasorchester und dem Polizeimusikkorps NRW begleitet. „Swing low, sweet Chariot“. 


 © uk-Fotos




Große Anteilnahme


Wir hatten einen Kameraden



Mittwoch, 9. November 2016

Bein ab oder Bein dran



Die USA haben gewählt - Donald Trump zum neuen Präsidenten. Was kein Experte (Journalist, Wahlforscher, Politiker) für möglich gehalten hat, ist eingetreten. Alle lagen mit ihrer Prognose daneben. Es ist wie es ist - ein demokratisches Votum. Häme, Spott und Unverständnis geistern durchs Netz. „Miss Liberty“ schlägt die Hände vors Gesicht. Und ich frage mich: Muss ich mir nun mein linkes Bein abnehmen lassen? Denn darauf ist die Freiheitsstatue, ein Symbol für Freiheit und Unabhängigkeit Nordamerikas, für immer verewigt. Meine Hommage an New York.
Die „Statue of Liberty“ war das erste, was Millionen Einwanderer bei der Einfahrt in den Hafen von New York, gesehen haben. Ein Symbol für ein besseres Leben. Vielleicht auch die deutschen Großeltern vom jetzigen Präsidenten? Nein, ich lass mein Bein dann doch dran. Für alle, diejenigen die Trump nicht gewählt haben. Und dies waren mehr als die Hälfte der US-Bürger.

Mein Bein bleibt dran (Foto: René Kloeters)

Montag, 7. November 2016

Dr. Hören



Von außen wird man häufig auf sein zunehmendes Alter hingewiesen. Ich frage mich oft, wie die Fachfirmen so zielgruppenorientiert an die Anschriften kommen. Jetzt flatterte wieder einmal so eine Einladung ins Haus. „Kostenloser Gratis-Hörtest. Ergebnis in nur 15 Minuten.“ Und sofort hatte ich in diesem Fall meinen geliebten Bergfriedhof vor Augen. Also, nicht dass ich schon den Löffel abgeben möchte, sondern ich erinnerte mich spontan an den Grabstein von Dr. Husten und Dr. Hören, die hier schon lange Jahren ruhen. Ach so, ich gehe noch nicht hin zum kostenlosen Hörtest. Noch nicht.






© uk-Foto

Sonntag, 6. November 2016

Miss Essen 1955



Am 90. Geburtstag von Tante Helga, einer sehr guten Bekannten unserer Familie, lernte ich jetzt ihre zwei Schwestern kennen. Auch sie im hohen Alter, jenseits der 80, was man den Damen allerdings nicht ansieht. Und dann erfuhr ich, dass die jüngste sogar einmal „Miss Essen“ war. Und zwar vor sage und schreibe 60 Jahren. 1955 ging Renate Böhm über den Laufsteg im Saalbau, Essens guter Stube. Gewählt zur schönsten Frau Essens wurde die damals 20-Jährige nicht von einer Jury sondern vom Publikum. Die Veranstaltung richtete die Firma Opal aus, in den 50- und 60er-Jahren führend in der Fertigung von Damen-Nylon-Feinstrumpfhosen. Die Modelkarriere von Renate Böhm begann in der Wirtschaftswunderzeit auf der Straße in Gelsenkirchen, als die damals schon verheiratete junge Frau einfach so von einem Fotograf aus Essen-Werden angesprochen und zu einem Fotoshooting eingeladen wurde.
 



 
Renate Böhm heute im Alter von 81 Jahren und...


 ...im Alter von 20 Jahren auf einem Werbefoto

Renate Böhm rechts im Bild
 


© uk-Foto / Repro

Mittwoch, 2. November 2016

Oleg Popov ist tot.



Einer der berühmtesten Clowns starb heute in Rostow am Don (Russland) an einer Herzattacke. Er wurde 86 Jahre alt. Im letzten Jahr durfte ich ihn beim Besuch der Essener McDonald Kinderhilfe im Hundertwasser Haus kennen lernen und fotografieren. Ohne Worte, nur mit Gesten, Mimik und Augenschlag brachte er die Kinder zum Lachen. Einer der größten seines Fachs. Meine Anteilnahme und Beileid gilt seiner sympathischen Ehefrau Gabi.

© uk-Fotos: Oleg Popov ungeschminkt – mit meiner kleiner Freundin Samantha – mit seiner Ehefrau Gabi




Polizeistatistik - Teil 2


Nach seinem Auftreten im Innenausschuss der NRW-Landtags und der folgenenden medialen Berichterstattung hat mein Kollege, Kriminalhauptkommissar Dr. Frank Kawelovski, einen "Offenen Brief" geschrieben, gerichtet an seine Polizeikolleginnen und -kollegen:




Mülheim, 29.10.16
 
Offener Brief zum Thema „Verzerrung von PKS-Aufklärungsquoten“


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

am 27.10.16 hat es eine Innenausschusssitzung des NRW-Landtages gegeben, in der über ein Maßnahmenpaket der CDU-Fraktion zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchs beraten wurde. Hierzu bin ich neben anderen Fachleuten vom Landtag als Gutachter bestellt und auch in der Sitzung vom Innenausschuss angehört worden. In meinem Gutachten habe ich zu zahlreichen Aspekten der Einbruchsbekämpfung Stellung bezogen und glaube nach wie vor, eine differenzierte und objektive Bewertung abgegeben zu haben. Das 18-seitige Gutachten kann unter dem Link

https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?Id=MMST16/4352

eingesehen werden. Das mediale Interesse an dem Gutachten hat sich sehr schnell auf einen einzigen
Punkt meiner Stellungnahme, eine deutlichen Kritik an dem exzessiven Umgang mit den Aufklärungsquoten der PKS und einer kleineren Zahl echter Statistikfälschungen fokussiert. Mir war schon zuvor klar, dass dieser Punkt Interesse wecken würde, allerdings hat mich das Ausmaß der öffentlichen Reaktionen überrascht. Ich habe zudem innerhalb von zwei Tagen über unterschiedlichste Kanäle mehr als 200 Rückmeldungen von Polizeikolleginnen und -kollegen dazu bekommen. Diese Rückmeldungen waren ausnahmslos positiv und reichten von über „Mutig! Ich wünschte, ich würde mich so etwas auch trauen“ bis „Hoffentlich hast du jetzt erreicht, dass dieser Quoten-Irrsinn aufhört und niemand mehr verprügelt wird, der Überstunden macht, aber keine Wunschzahlen liefert“. Diese Rückmeldungen haben mich gestärkt, zugleich habe ich aber auch von Kollegen gehört, dass es durchaus sehr kritische Bewertungen gab, die im Extrem Inhalte wie „Nestbeschmutzer“, „Dreckschleuder“und „Kollegenschwein“ trugen. Leider hat sich nicht ein einziger (!) dieser Kritiker bei mir persönlich gemeldet. Ich bin jederzeit zu einem von Sachargumenten und gegenseitigem Respekt getragenen Austausch bereit. Ich halte für möglich, dass der eine oder andere, der sein Unverständnis über mein Gutachten geäußert hat, nur einzelne, zum Teil verkürzte und medial verzerrte Informationen hatte, aber weder mein Gutachten gelesen, noch die Videoaufzeichnung der Landtagssitzung

https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/Webmaster/GB_I/I.1/video/video.jsp?id=1003951

gesehen hat. Vielleicht käme er in Kenntnis dieser Quellen nicht mehr zu dem Ergebnis, dass ich die Kollegenschaft und die Polizei in ein schlechtes Licht gerückt habe, sondern an einem einzelnen Punkt Kritik geübt habe, zu dem ich allerdings auch unverändert stehe. Ich gebe meinen mir nicht bekannten Kritikern auch zu bedenken, dass ich mich nicht mit verpixeltem Gesicht, computerverzerrter Stimme und Geheimdokumenten in der Tasche vor Fernsehkameras gesetzt habe, sondern mich – im Bewusstsein persönlicher Angreifbarkeit – mit offenem Visier zur Sache geäußert habe. Leider kommunizieren die wesentlichen Entscheidungsträger nicht mit mir, sondern ausschließlich über mich. Eine DPA-Meldung, nach der ich meine Aussagen zur Statistikfälschung später zurückgenommen habe, ist übrigens falsch und von einigen Medien zwischenzeitlich auch korrigiert worden.
Ich glaube, dass wir in der nordrhein-westfälischen Polizei gute Arbeit leisten und wir uns auch bei der Einbruchsbekämpfung nicht verstecken müssen. Allerdings sollten wir es auch nicht nötig haben, in einem unredlichen Maße Quoten künstlich und mit aller Gewalt nach oben zu drücken, obwohl wir
sie auch bei größtem Bemühen nicht erreichen können. Der Einbruchdiebstahl ist ein äußerst schwer
aufklärbares Delikt und wird es – auch bei größter Anstrengung, Auswege aus dem Dilemma zu finden – bleiben. Ich möchte weder mit Herrn Jäger im Innenministerium noch mit den Polizeipräsidenten tauschen, die die Ergebnisse der Kriminalitätsbekämpfung zu verantworten haben und nach außen vertreten müssen. Jedoch müssen wir von jedem Verantwortlichen auch ein Mindestmaß an Ehrlichkeit und Rückgrat erwarten können. Wenn ich in der Zeitung lese, dass etwa die Essener Kripo- Chefin Frau Thon erklärt haben soll, dass es eigentlich auf die Aufklärungsquoten nicht ankomme, so wundert mich dies. Noch bis zum Tag zuvor war in allen Veröffentlichungen des Innenministeriums und der Polizeipräsidien die Quotenerhöhung neben der Senkung der Fallzahlen zu einem der beiden Hauptziele der Einbruchsbekämpfung erklärt worden.

Wenn wir glauben, dass wir uns über stark verzerrte oder sogar gefälschte Aufklärungsquoten nach außen in ein besseres Licht setzen müssen, so gebe ich zu bedenken, dass wir damit das Lagebild „PKS“, aus dem wir wichtige Sachinformationen für die Kriminalitätsbekämpfung schöpfen müssen, unbrauchbar machen und dass wir mit jeder Phantom-Aufklärung auch einen Phantom-Tatverdächtigen erzeugen, der mit all seinen Merkmalen in die PKS eingeht und in der Masse schließlich ein fiktives Bild davon formt, wer unsere Täter sein könnten. Mit einer verzerrenden Darstellung legen wir allerdings leichtfertig einen Generalverdacht auf ganze Bevölkerungsgruppen. Ich weiß aus meiner eigenen 36-jährigen Polizeipraxis, dass genug Menschen aus Osteuropa unser Land aufsuchen, um hier Straftaten zu begehen. Wenn wir den Umfang dieses Phänomens aber mit Zahlen erhöhen, ohne für die Höhe valide Beweise zu erbringen, so tun wir denen Unrecht, die aus diesen Ländern kommen und hier nur ihrer Arbeit nachgehen und ein friedliches und gesetzestreues Leben führen wollen. Ich kenne selbst Familien aus Osteuropa, die sich durch die medialen Darstellungen des Themas „Osteuropäer und Kriminalität“ belastet fühlen. Neben diesem Aspekt erzeugt ein leichtfertiger Umgang mit der PKS aber auch noch weitere Schäden. So wird jedem Bürger die Möglichkeit genommen, sich ein klares Bild über das Kriminalitätsgeschehen in unserem Land zu machen. Wir sollten es aber nicht nötig haben, die Bürger über die wahren Kriminalitätsverhältnisse und auch über die Möglichkeiten und Grenzen polizeilicher Arbeit zu desinformieren. Und schließlich sorgt ein manipulativer Umgang mit Aufklärungsquoten auch dafür, dass Behörden – und ihre Mitarbeiter – die fleißig Einbruchsbekämpfung betreiben, aber in der Darstellung ihrer Arbeitserfolge ehrlicher sind, politisch und dienstlich gegeißelt werden, weil sie scheinbar schlecht gearbeitet haben.
Ich sehe in einer Gesamtbewertung nicht, dass wir in Nordrhein-Westfalen schlechte Polizeiarbeit leisten. Viele Kolleginnen und Kollegen machen Überstunden und reißen sich – zum Teil ohne dafür nur die geringste Anerkennung durch Vorgesetzte zu erhalten – für ihre berufliche Arbeit ein Bein aus. An den Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung – ich selbst unterrichte in Mülheim – sitzen junge Frauen und Männer, die für ihre Berufswahl brennen und es nicht abwarten können, die Menschen im Land zu schützen und bereit sind, sich dafür selbst Gefahren auszusetzen. Es gibt also ein großes und gutes Potential.

Ich stehe, damit möchte ich abschließen, für eine sachliche Auseinandersetzung zur Verfügung. Ich hoffe, dass es genug Kollegen gibt, die Ursache und Wirkung nicht miteinander verwechseln. Man sollte nicht den Stromableser verprügeln, wenn der Stromverbrauch zu hoch war. Darüber hinaus möchte ich auch jeden Kollegen, der Missstände feststellt, ermutigen, diese beim Namen zu nennen,
egal ob er damit dem Mainstream folgt oder nicht. Nur so kann sich eine Organisation wie die Polizei
positiv fortentwickeln. Konstruktive Kritik ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie und unseres Rechtstaates, Mauschelei und Vertuschung lassen beides untergehen, den Beweis hat die Geschichte
vielfach erbracht.

Mit besten Grüßen und guten Wünschen für die Arbeit
Euer / Ihr
Frank Kawelovski

Frank Kawelovski in historischer Uniform am Tag des Polizeimuseums in diesem Jahr. Er kennt die Polizei aus dem Effeff  - ©uk-Foto