Weihnachten war bei uns aufregend, wie wohl in allen Familien Der
heilige Abend lief nach einem festen Ritual ab. Meine drei älteren Brüder und
ich kamen erst einmal in die Badewanne, hintereinander oder gemeinsam. Tägliche
Ganzkörperwäschen und Duschen gab es ja erst viel, viel später. Am späten
Nachmittag ging es zum traditionellen Gloria-Blasen an den Rathausturm in Gelsenkirchen-Buer. Das gibt es schon seit
1912. Wir wohnten „umme“ Ecke am Polizeipräsidium. Vor der Bescherung aßen
wir zu Abend meist Kartoffelsalat, Würstchen und selbst eingelegten Hering mit
viel Zwiebeln. Wenn danach ein Klingeln ertönte, hatte sich gerade das
Christkind verabschiedet. „Es ist aus dem Fenster geflogen, um den Weihnachtsbaum
mit den brennenden Kerzen und viel Lametta herum“, sagte mein Vater immer. Vor der Bescherung,
wurden zunächst Weihnachtslieder
gesungen. Jeder bekam ein Geschenk. Am meisten habe ich mich über den
Weihnachtsteller gefreut. Plätzchen, Lakritz, Gummibärchen und weitere leckere,
süße Sachen drauf.
Vor kurzem hörte ich den Satz vom Schauspieler Miroslav Nemec,
der in armen Verhältnissen in Kroatien groß geworden ist: „Wir verlieren uns im
Überfluss.“ Da ist etwas dran.
Heute war ich zum letzten Mal in diesem Jahr bei der
McDonald’s Kinderhilfe im Hunderwasserhaus. Dort wohnt zurzeit die Familie des
12-jährigen Moussa aus Münster, der in der letzten Woche eine Spenderleber
bekommen hat, auf die Mama, Papa, seine kleinen Schwestern Nora und Jara so
sehnlich gewartet haben. Die Transplantation ist gut verlaufen. Gibt es ein
schöneres Geschenk zu Weihnachten?
Ich wünsche schöne, stressfreie, besinnliche Tage im Kreise
eurer Lieben und so banal wie es kling, wünsche ich allen Menschen die
eigentliche weihnachtliche Botschaft: Frieden auf Erden.
Weihnachten 1956. Das Foto zeigt uns vier Jungs mit Oma und Opa „Wanne“ (Name nach ihrem
Wohnort Wanne-Eickel). Kreisel (ich), Pferdekutsche, Hubschrauber, Tornister. Das war’s.
Hallo Uwe,
AntwortenLöschenich will dir deine Illusionen zum Weihnachtsfest nicht rauben, aber irgendwann muss man doch mal offen darüber sprechen: Auch meine Eltern haben mir immer erzählt, dass das Christkind vor der Bescherung im Wohnzimmer gewesen sei. Auch ich - und später meine Schwestern - hörten immer ein Bimmeln, angeblich vom davoneilenden Christkind, bevor wir ins Wohnzimmer durfte. Mit zehn habe ich dann vor der Bescherung durch den Türspalt schauen können. Und was soll ich dir sagen? Es war alles Beschiss! Kein Christkind, sondern meine Eltern, die eilig Pakete unter dem Baum verstauten, mein Vater dann mit unserer Dekoglocke vom Wohnzimmerschrank bimmelnd und zum Schluss meine Mutter, die - wahrheitswidrig - rief, das Christkind sei weggeflogen und wir dürften jetzt ins Wohnzimmer kommen.
Sie haben uns immer belogen, unsere Eltern...
... aber sie haben nie herausbekommen, dass ich es weiß.
Gruß vom Weihnachts-Frank