„Lügenzettel“ wurde
(und wird?) der so genannte Streifen- bzw. Einsatzbefehl, der immer nach
Dienstende ausgefüllt werden muss, in Kollegenkreisen genannt. Das waren meine
ersten Erfahrungen als junger Schutzmann zum Thema Wahrhaftigkeit. Die „Fälschungen“
gingen bei anderen Erfassungen weiter (Anzahl der Verkehrskontrollen,
Alkoholtest etc.) Überall dort, wo Zahlen erhoben werden mussten (!), nahmen
meine Kollegen und ich es mit der Wahrheit nicht immer ganz so genau. Die
Gründe waren vielfältig. Eigentlich wollte man „nach oben“ immer gut aussehen
und keinen Anlass zur Kritik oder gar Schelte geben. So wurde zum Beispiel der
Konkurrenzkampf unter den Dienstgruppen über die Zahlenübersichten ausgetragen.
Und diese Zahlenmauscheleien zogen sich über 40 Jahre durch mein polizeiliches
Berufsleben. Selbst bei elektronischen Erfassungsmethoden, legte der ein oder andere Kollege Hand an. Immer
dort, wo es möglich war. Jetzt hat mein geschätzter Kollege
Kriminalhauptkommissar und Wissenschaftler Dr. Frank Kawelovski an der
Fachhochschule für Polizei in Duisburg den Nachweis der Ungenauigkeit durch
eine Studie über die Aufklärungsquoten bei den Wohnungseinbrüchen im
Innenausschuss der Landtags NRW öffentlich gemacht. Mein Plädoyer in Richtung
Ministerium. Hört endlich mit dem Erfassungswahnsinn und den Vergleichen der
Polizeibehörden auf. Er erzeugt nur Druck bei den Kollegen und führt zur Unwahrheit. Keine Polizeibehörde ist besser
als die andere. In allen Bundesländern. Polizeiarbeit ist überall gleich gut oder
gleich schlecht. Sie wird durch den Statistikwahnsinn nicht besser. Man muss ja
nicht ganz darauf verzichten. Ich bin fest davon überzeugt, dass es in anderen
Bereichen und Berufen ähnlich zugeht. In diesem Zusammenhang empfehle ich das
Buch „Lügen mit Zahlen – wie wir mit Statistiken manipuliert werden“ von Gerd
Bosbach und Jens Jürgen Korff, erschienen im Heyne-Verlag.
Zurück zu Frank Kawelowski. Er schreibt in
einem offenen Brief nach der Diskussion über seine Studie: „Nur so kann sich
eine Organisation wie die Polizei positiv fortentwickeln. Konstruktive Kritik
ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie und unseres Rechtstaates, Mauschelei
und Vertuschung lassen beides untergehen, den Beweis hat die Geschichte vielfach
erbracht.“
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