Montag, 28. Dezember 2015

Familiengeschichten - Bruder Walter



Meine Frau hat ihren Halbbruder Walter nie kennengelernt. Wie auch. Er starb 11 Jahre bevor sie auf die Welt kam und gehörte zu den Kindern des 2. Weltkrieges, die ein Wahnsinniger und seine ergegeben, unterwürfigen Gesellen auf den Schlachtfeldern Europas in den Tod schickte. Walter wurde nur 18 Jahre alt. Und wie zynisch die Begleitmusik zu seinem Tod war, zeigen Schreiben aus dem Nachlass des Vaters.
Auszug aus der Todesmitteilung: „Bei schweren Abwehrkämpfen nördlich Birsen/ Lettland fiel ihr Sohn, unser lieber Kamerad Walter Wohlrath, am 15. August 1944 bei Varbegi in soldatischer Pflichterfüllung getreu seinem Fahneneid für das Vaterland. […] Er war ein leuchtendes Beispiel im Kampf um den Bestand unseres Reiches und ein tapferer Soldat unseres Führers. Heil Hitler, gez. Herting, Leutnant und stv. Kompanieführer.“ Wie oft mag der Leutnant derartige Briefe diktiert haben?
Und im Nachgang gab es noch einen Orden. „Leider ist es mir nicht vergönnt dieses Auszeichnung (Anmerkung: Eiserne Kreuz 2. Klasse) ihm persönlich zu überreichen, da Ihr Sohn inzwischen im Kampfe für den Bestand von Großdeutschland gefallen ist. Heil Hitler, Wenz, Oberleutnant“
Noch erschüttender finde ich das Schreiben des ehemaligen Lehrherrn von Walter: „Durch die Zeitung ersehe ich, dass Ihr Sohn, mein früherer Lehrling, Walter Wohlrath, an der Front den Heldentod gestorben ist. […] Auch ich habe bereits einen Sohn verloren, und so muss man sich gemeinsam mit allen Eltern, die ein gleiches Schicksal erlitten haben, trösten. Ich grüße Sie mit Heil Hitler, Ludwig Poppe“
Da bleiben einem die Worte im Hals stecken. Und nach wie vor sterben Kinder, Jugendliche und Männer in Uniform (und jetzt auch Mädchen und Frauen) für irgendwelche Wahnsinnige.  
 

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