Sonntag, 21. Juli 2019

Im Namen des Volkes?


Unser Rechtsstaat geht in die Knie. Jeder zweite Deutsche hat kein Vertrauen mehr in die Justiz. Ich gehöre auch dazu, wenn ich so manches Urteil lese. Was läuft falsch im Staate Deutschland? Da können die Verantwortlichen aus Politik und Justiz nicht immer mit dem Argument kommen: Es fehlen Richter und Staatsanwälte. Das Totschlagsargument höre ich auch oft in Polizeikreisen. Zu wenige Leute.
Ne, so einfach ist das nicht. Tut etwas. Es gibt noch andere Möglichkeiten, Verfahren zu beschleunigen, Abläufe zu vereinfachen, Organisationsstrukturen zu ändern. Die Polizeistruktur in NRW ist ein negatives Beispiel mit ihren zerklüfteten knapp 50 Behörden.
Zurzeit diskutieren wir über eine CO2-Steuer. Wir wäre es denn einmal mit einer Justiz-/ Polizeisteuer. Viele meiner Kollegen*innen sind sauer auf die Justiz. Insbesondere wegen milder Urteile, wenn es gegen den Staat und gegen sie persönlich geht. Wir schwadronieren über mangelnde Zivilcourage. Respekt geht immer mehr verloren. Wir haben Probleme mit fremden Kulturen und Religionen. Stichwort: Familienclans. Diese Klientel lacht sich über unseren Rechtstaat kaputt, schafft sich eine eigene Justiz (Friedensrichter) außerhalb unserer Normen.  Ein Rechtsruck ist politisch deutlich zu sehen. Und was tun die so genannten Volksparteien. Aus meiner Sicht viel zu wenig? Oder warten die Politiker*innen wieder auf einen „heißen Herbst“ wie zu Zeiten des RAF-Terrorismus. Da standen plötzlich die Repräsentanten des Staates im Fokus der Rechtsbrecher.
Der Beitrag „Im Namen des Volkes – Justiz vor dem Kollaps“ im ZDF ist sehenswert…

https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-im-namen-des-volkes-100.html?fbclid=IwAR1arW1AVFP13BYnFt6DoU1YFh78odFWYr0FTS8ITe65oaiBodT9h0AvDvI

Samstag, 20. Juli 2019

Meinungsfreiheit - Heute bei Facebook gesperrt - Damals hingerichtet


Am 20. Juli eines jeden Jahres denken wir an die Widerstandskämpfer um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, die nach dem missglückten Bomenattentat auf Hitler hingerichtet wurden. 75 Jahre ist es her. Ich möchte an einen Essener erinnern, der vom selben Richter nur wegen seiner schriftlichen Äußerungen zum Tode verurteilt wurde.

Nach unangemessenen öffentlichen Kommentaren gegenüber der Bundeskanzlerin oder anderen Politikern wird der eine oder andere schon mal für kurze Zeit in den sozialen Netzwerken gesperrt. Bei Beleidigungen kann noch eine geringe Strafe die Reaktionen des Staates sein. Die Entrüstung ist groß, die Meinungsfreiheit wird in Frage gestellt.

Es gab eine Zeit in Deutschland, da wurde man zum Tode verurteilt, wenn man die herrschende Meinung oder die Staatsführung kritisierte. Auch nur bei Satire.


Der Essener Wilhelm Josten hat es nicht einmal öffentlich getan, sondern lediglich im privaten Briefverkehr mit seinem Freund August Storch. Einer seiner Briefe kam in falsche Hände. Fortan unterlag sein Schriftverkehr der Postüberwachung. Nach schweren Bombenangriffen 1944 in Essen schrieb der 48-jährige u. a: „ Wann ist der Krieg zu Ende? Wenn wir drei Meere haben: das Asowsche (Anmerkung: in der Ukraine), das Schwarze und das Nichtsmehr? Und wenn an der Kreisleitung steht: Wegen Einberufung geschlossen. […] In Sizilien kämpfen wir bis zur letzten Zitrone. […] Krupp ist total im Eimer, stellt auch keine Leute mehr ein […] Also, August, Sieg Heil! Hoffentlich schnellsten. Wenn auch alles in Trümmern liegt. Hauptsache der Führer lebt! In diesem Sinnen grüßt Dich Dein Freund Willy.“ Eindeutig bissige Ironie. Aber Spaß können Diktaturen nicht verstehen. Schon gar nicht damals die Nazis. Der Briefeschreiber wurde angeklagt und zunächst wegen Wehrkraftzersetzung in Tateinheit mit Heimtückevergehen zu 2 Jahren Zuchthaus verurteilt. Glück gehabt. Aber der Oberreichsanwalt legte Einspruch ein. Der Fall kam vor den Reichsgerichtshof Berlin. Das Urteil vom berüchtigten Nazi-Vorsitzender Roland Freisler, der auch die Widerstandskämpfer um Claus Schenk Graf Stauffenberg hinrichten ließ, lautete: Tod durch das Fallbeil.

Am 27. November 1944 verlor eine Frau ihren Ehemann und zwei Kinder ihren Vater.



(Quelle/ Foto: Lichter in der Finsternis von Dr. Ernt Schmidt, erschienen im Klartext Verlag)

Dienstag, 16. Juli 2019

Schildbürgerstreich in Essen


Das hat schon etwas von Schilda. Ihr wisst schon. Die Bürger dieser kleinen fiktiven Stadt schaufelten Licht in Säcken in das fensterlose Rathaus und waren für andere sinnlose Schabernacke verantwortlich. So etwas geschieht im Kleinen auch in Abständen in Essen. Schilda ist eben überall. Eine Anwohnerin der verkehrsreichsten Straße (Bundesstraße 224 - Gladbecker Straße) der Metropole und meine Facebookfreundin Susanne D. aus dem Stadtteil Altenessen berichtet in regelmäßigen Abständen über diese Von-Amts-Wegen-Aktion. Erst gestern war es wieder soweit. Sie schreibt: „Der Essener Wahnsinn! Und schon wieder läuft die Aktion "Kein Stückchen Grün für die Gladbecker Straße". Stattdessen rückt man in Mannschaftsstärke an, um ein paar Grasbüschelchen zu entfernen. Ein Nachbar ruft: "Wir werden von Wahnsinnigen regiert."
Wenn es nicht so traurig wäre, muss ich immer wieder schmunzeln. Eben wie bei den Geschichten aus Schilda. Eine dieser Streiche der verrückten Bewohner erinnert so gar ein wenig an diese in unserer Stadt. „Die Kuh auf der alten Mauer: Weil auf einer alten Mauer hohes Gras wuchert, wollen einige Schildbürger das Gras entfernen, indem sie es von einer Kuh abweiden lassen. Um die Kuh auf die Mauer zu hieven, zerren einige starke Männer die Kuh an einem Seil nach oben. Da das Seil um den Hals gewickelt wurde, wird die Kuh schließlich stranguliert. Als die Schildbürger sehen, wie die Kuh die Zunge herausstreckt, rufen sie begeistert: „Kieck mol, da frett se schon.“ (Quelle: Wikipedia)

 Hallo "extra3" vom NDR, wäre das nichts für eure Rubrik "Der Irrsinn der Woche". Es existieren auch Videos von dieser "Grünflächenaktion".

Mittwoch, 3. Juli 2019

Auf Schalke mit Magret, Willi, Nicole und einer Schulklasse

In Gelsenkirchen sind wir geboren. Da gibt es zum Lieblingsfußballverein keine Alternative. FC Schalke 04. Noch heute zeigte meine Frau Sabine mit Stolz eine kleine Narbe am Arm. Die Hinterlassenschaft eines Sturzes auf dem Weg zur Glückauf-Kampfbahn in den 1960er-Jahren mit ihrem blau-weißen Fahrrad. Die letzte Saison war grottenschlecht. Die Mannschaft kämpfte gegen den Abstieg. Der Manager machte sich aus dem Staub, der junge Trainer musste gehen. Wir hoffen, dass es in der nächsten Spielzeit mit neuem Coach und runderneuerter Mannschaft besser läuft. Und die haben wir uns heute in der Trainingsauftaktswoche angeschaut.
Neben dem Fußball interessieren mich allerdings immer die Geschichten am Rande. So wie die von Nicole. Die im wahrsten Sinne des Wortes gestandene Frau trägt eine ganz besondere Orthese (!) zur Stabilisierung ihres linken Beins. Eine Sonderanfertigung. Der Orthopädietechniker bekam klare Disignanweisungen. Das medizinische Hilfsmittel musste Blau-Weiß und mit dem Schriftzug „Schalke“ sowie „Glückauf“ versehen sein. Ihre körperliche Beeinträchtigung stammt von einem schweren Verkehrsunfall. Da war sie erst 12 Jahre alt und wohnte noch in Wesel. Die Liebe zum Fußballclub war dann später so groß, dass sie nach Gelsenkirchen zog, um näher bei ihren Fußballhelden zu sein. „Trotz meines Handicaps bin ich zufrieden. Meine Kinder und Enkel sind wohlauf. Einen Mann brauche ich nicht. Hier „auf Schalke“ gibt es genug davon“, sagt sie mir lächelnd.
 
Oma Magret (78), wie sie von allen Schalkern genannt wird, ist mit ihrem Mann Willi auch wieder auf dem Platz. Seit 25 Jahren versäumen sie fast keine öffentliche Trainingseinheit. Das Ehepaar ist bei den Spielern, selbst bei den neuen, bekannt wie bunte Hunde, in diesem Fall blau-weiße. Am Ende des Trainings gibt’s dann fast von jedem Spieler, Betreuer und Trainer ein Hallo, Händeschütteln oder eine Umarmung.
 
 
Und dann war da noch eine Schulklasse der Gesamtschule Gelsenkirchen-Bismarck. Sie absolvierte eine Projektwoche zum Thema „Bike und Sport“ und kamen mit ihren Fahrrädern zum Trainingsgelände. So etwas hätten wir uns früher auch gewünscht.