Samstag, 26. Oktober 2019

150 Jahre Kaugummi - HAPPY BIRTHDAY oder lieber nicht?


Meinen ersten Medienauftritt hatte ich mit 11 oder 12 Jahren. Der Fotograf der örtlichen Tageszeitung, Alfred Winter, entdeckte mich bei einem Feldhandballspiel(!) des Polizeisportvereins Gelsenkirchen beim Kaugummiblasen am Tor. Zack, schon war ich drin im Lokalteil der WAZ Gelsenkirchen. Ich mit Bubblegum wurde zur Glosse verarbeitet. Sie begann mit dem Satz: “Das Spiel interessierte Uwe weniger. Ihn hatte es das Kaugummi angetan…“
Das Kaugummi wurde in diesem Jahr 150 Jahre alt. Amis Taylor hieß der amerikanische Erfinder. Die FAZ schrieb zum Geburtstag:“ Im Schnitt kauft jeder Deutsche 100 Streifen Kaugummi pro Jahr. Rund 569 Millionen Euro geben sie insgesamt dafür aus.“ Menschen kauen halt gerne. In Deutschland allerdings erst viel später, als nach dem 2. Weltkrieg die amerikanischen Soldaten das Kaugummi an die Kinder verteilten. Heute machen die ausgespuckten Gummis viel Ärger. Die festgetretenen Dinger sind biologisch nicht abbaubar und verschandeln auf Dauer die Gehwege in den Einkaufszonen. 900 Millionen Euro soll jährlich die Beseitigung kosten. In Singapur ist übrigens Kaugummi bei strenger Strafe verboten. Man soll sogar Haue kriegen, wenn man beim Ausspucken erwischt wird. Ganz so schlimm ist es in Deutschland nicht. Allerdings wird die illegale Entsorgung immer teurer. Jede Kommune kann die Strafe selbst festlegen. Hier einige Beispiel: Mannheim 50 bis 250 Euro; Dresden 20 Euro; Stuttgart 100 Euro; Hannover 10 Euro; Lüdenscheid 100 Euro; Dortmund bis 35 Euro; Hamburg: 55 Euro; Berlin 35. Und wie sieht es in meiner Stadt Essen auf? Seit dem  1. August ist ein neuer Bußgeldkatalog in Kraft getreten. Kaugummi taucht gar nicht auf. Es heißt aber: „100 Euro Strafe für das Wegwerfen von Kleinmüll: Zigarettenschachtel, Pappbecher, Inhalt von Aschenbechern, Bananen-schale, Zeitungen, Plastikbeutel, Tasche, Sack, Plastikflasche, Verpackungsmaterial etc.“Das wird wohl auch für das Geburtstagskind Kaugummi gelten.

Donnerstag, 24. Oktober 2019

Beate Uhse…emanzipiert…erfolgreich…stark…100 Jahre


Am Freitag wäre Beate Uhse 100 Jahre alt geworden. Das hohe Alter hat sie nicht erreicht. Sie starb 2001 im Alter von 81 Jahren. Geboren wurde sie in Ostpreußen. Mutter Ärztin, Vater Landwirt. Die Eltern klärten ihre Tochter schon sehr früh über Sexualität auf. In dieser Zeit absolut ungewöhnlich. Nach einer guten Schulausbildung und Abitur heiratete sich noch im Krieg ihren Fluglehrer. Die kurze Ehe endete tragisch. Ihr Mann verunglückte schon kurz nach der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes bei einer Flugzeugkollision tödlich.
Die Pilotin zog nach dem Krieg nach Flensburg, heirate erneut und gründete bereits 1951 ihr Unternehmen, den ersten Sex-Shop weltweit. Das Versandhaus unter ihrem Namen verkaufte zunächst lediglich Kondome und Bücher. Eine unternehmerische Erfolgsgeschichte begann, obwohl sie mit Strafanzeigen überzogen wurde und mit gesellschaftlichen Anfeindungen zu kämpfen hatte. Ganz vorne die Kirchen. Beate Uhse kämpfte gegen die Prüderie in den Nachkriegsjahren und gewann alle Prozesse.
Den ersten Beate Uhse-Laden habe ich in den 1970er-Jahren in Essen kennengelernt. Er befand sich in meinem polizeilichen Schutzbereich („Gerlingwache“) in der Innenstadt.  Und zwar auf der fußläufigen Einkaufmeile Limbecker Straße. Der Ort war allerdings nicht gut gewählt. Männer schlichen zu dieser Zeit meist ängstlich umschauend  mit hochgeschlagenem Kragen in den Sex-Shop. Später gab es noch weitere Erotik-Geschäfte in der City.  An der Vereinsstraße eröffnete das „Fachgeschäft für Ehehygiene“. Der Beginn der sexuellen Revolution. Unsere polizeiliche Hauptaufgabe bestand Anfang der 1970er-Jahre während der festen Einkaufszeiten im Stadtkern mit der Aufnahme und Bearbeitung  von Ladendiebstählen, meist bei Karstadt, Quelle oder Wertheim. Nur einmal mussten wir zu „Beate Uhse“ auf der Limbecker. Ein Mann hatte ein Sexspielzeug gestohlen. Peinlich, peinlich. Also, für den Dieb. Durch die Erfindung von Videos und dem Internet gingen das Erotikgeschäft immer mehr zurück.

Apropos zurück - zurück zu Beate Uhse. Sie war eine der ersten emanzipierten Frauen in Deutschland und wurde zu einer der erfolgreichsten, zu einer Zeit als noch niemand Alice Schwarzer kannte.
Happy Birthday zum 100sten, Beate Uhse, wo immer Du auch bist. Du hast Deutschland ein bisschen schöner gemacht.

Montag, 14. Oktober 2019

Sie nutzen die Gutmütigkeit von Senioren - Trickbetrüger und Trickdiebe

Fast jeden Tag werden ältere Menschen Opfer von Trickbetrügern und –dieben, melden die Polizeibehörden. Ich finde, es sind mit die ekeligsten Straftaten. Bitte, sprecht mir Freunden, Bekannten und Eltern über dieses Phänomen. Der aktuelle Fall ereignete sich am vergangenen Freitag in Überruhr. Hier die gekürzte Originalmeldung der Essener Polizei von heute:

„Trickdiebe erbeuten Tresor mit Sparbüchern, Schmuck und Bargeld - Die Polizei sucht Zeugen. Gegen 12 Uhr schellten ein Mann und eine Frau an einem Einfamilienhaus auf der Überruhrstraße an. Die über 80 Jahre alte Eigentümerin öffnete. Das unbekannte Pärchen gaukelte der Seniorin vor, angeblich nach einer Party in der Nachbarschaft, etwas vergessen zu haben. […]. Die ältere Dame […] ließ sie in ihre eigenen vier Wände. […] Offenbar betraten zu dieser Zeit weitere Personen unbemerkt das Haus. […] Dort ging man auf Beutezug. Bei der Suche stießen die Eindringlinge auf einen grünen Tresor. Den Safe nahmen sie an sich und verschwanden aus dem Gebäude. Unglücklicherweise lagen in dem entwendeten Geldschrank Bargeld, Schmuck und Sparbücher, die zusammen einen hohen Vermögensschaden ausmachen. […]
Die Tatverdächtigen: Der Mann ist zirka 20 Jahre alt und zirka 1,7 Meter groß und hat dunkle Haare. Die Frau soll zirka 25 Jahre alt und 1,6 Meter groß sein. Bekleidet war sie mit dunkler Kleidung.
Beide Personen machten einen südländischen Eindruck.
Die Essener Kriminalpolizei sucht Zeugen, die zur Tatzeit im Bereich der Überruhrstraße bzw. den umliegenden Nebenstraße Beobachtungen gemacht haben. Insbesondere suspekte Autos, Gruppen oder Personen, die gemeinsam einen Gegenstand trugen, können die Ermittler auf eine Spur bringen. Hinweise nimmt die Polizei Essen unter der Rufnummer 0201/829-0 entgegen.
Fast jeden Tag werden ältere Menschen Opfer von Trickbetrügern und –dieben, melden die Polizeibehörden. Ich finde, es sind mit die ekeligsten Straftaten. Bitte, sprecht mir Freunden, Bekannten und Eltern über dieses Phänomen. Der aktuelle Fall ereignete sich am vergangenen Freitag in Überruhr. Hier die gekürzte Originalmeldung der Essener Polizei von heute:

„Trickdiebe erbeuten Tresor mit Sparbüchern, Schmuck und Bargeld - Die Polizei sucht Zeugen. Gegen 12 Uhr schellten ein Mann und eine Frau an einem Einfamilienhaus auf der Überruhrstraße an. Die über 80 Jahre alte Eigentümerin öffnete. Das unbekannte Pärchen gaukelte der Seniorin vor, angeblich nach einer Party in der Nachbarschaft, etwas vergessen zu haben. […]. Die ältere Dame […] ließ sie in ihre eigenen vier Wände. […] Offenbar betraten zu dieser Zeit weitere Personen unbemerkt das Haus. […] Dort ging man auf Beutezug. Bei der Suche stießen die Eindringlinge auf einen grünen Tresor. Den Safe nahmen sie an sich und verschwanden aus dem Gebäude. Unglücklicherweise lagen in dem entwendeten Geldschrank Bargeld, Schmuck und Sparbücher, die zusammen einen hohen Vermögensschaden ausmachen. […]
Die Tatverdächtigen: Der Mann ist zirka 20 Jahre alt und zirka 1,7 Meter groß und hat dunkle Haare. Die Frau soll zirka 25 Jahre alt und 1,6 Meter groß sein. Bekleidet war sie mit dunkler Kleidung.
Beide Personen machten einen südländischen Eindruck.
Die Essener Kriminalpolizei sucht Zeugen, die zur Tatzeit im Bereich der Überruhrstraße bzw. den umliegenden Nebenstraße Beobachtungen gemacht haben. Insbesondere suspekte Autos, Gruppen oder Personen, die gemeinsam einen Gegenstand trugen, können die Ermittler auf eine Spur bringen. Hinweise nimmt die Polizei Essen unter der Rufnummer 0201/829-0 entgegen.

GRUNDSATZ – KEINE FREMDEN IN DIE WOHUNG LASSEN!!!!!!!!!!

Beispiele…
Die Täterinnen täuschen Übelkeit, Schwangerschaft oder Arzneimitteleinnahme vor und fragen nach einem Glas Wasser...

Die Täterinnen oder Täter geben vor, dass sie für einen Nachbarn, den sie angeblich nicht angetroffen haben, eine Nachricht hinterlassen wollen...

Die Täterinnen oder Täter wollen für einen angeblich abwesenden Nachbarn Blumen oder ein Geschenk abgeben und drängen darauf, die Blumen zu versorgen, das Geschenk zu verwahren oder eine Nachricht zu schreiben

Die Täterinnen oder Täter bitten, das Telefon oder die Toilette benutzen oder ein Baby wickeln oder füttern zu dürfen. Sie behaupten, eine Panne, einen Unfall oder eine Erkrankung zu haben etc.

Wehren Sie sich gegen zudringliche Personen energisch (machen Sie laut auf sich aufmerksam, um Hilfe zu erhalten, zeigen Sie abweisende Gestik und Mimik). Wenden Sie sich an die Polizei, wenn Sie befürchten, Opfer einer Straftat zu werden: NOTRUF 110

Weitere Hinweise und Tipps…https://polizei.nrw/artikel/trickbetrueger-zocken-immer-mehr-aeltere-menschen-ab-1

GRUNDSATZ – KEINE FREMDEN IN DIE WOHUNG LASSEN!!!!!!!!!!

Beispiele…
Die Täterinnen täuschen Übelkeit, Schwangerschaft oder Arzneimitteleinnahme vor und fragen nach einem Glas Wasser...

Die Täterinnen oder Täter geben vor, dass sie für einen Nachbarn, den sie angeblich nicht angetroffen haben, eine Nachricht hinterlassen wollen...

Die Täterinnen oder Täter wollen für einen angeblich abwesenden Nachbarn Blumen oder ein Geschenk abgeben und drängen darauf, die Blumen zu versorgen, das Geschenk zu verwahren oder eine Nachricht zu schreiben

Die Täterinnen oder Täter bitten, das Telefon oder die Toilette benutzen oder ein Baby wickeln oder füttern zu dürfen. Sie behaupten, eine Panne, einen Unfall oder eine Erkrankung zu haben etc.

Wehren Sie sich gegen zudringliche Personen energisch (machen Sie laut auf sich aufmerksam, um Hilfe zu erhalten, zeigen Sie abweisende Gestik und Mimik). Wenden Sie sich an die Polizei, wenn Sie befürchten, Opfer einer Straftat zu werden: NOTRUF 110

Weitere Hinweise und Tipps…https://polizei.nrw/artikel/trickbetrueger-zocken-immer-mehr-aeltere-menschen-ab-1

Freitag, 11. Oktober 2019

Gedenken - nach den Morden in Halle

Rund 400 Essener gedachten am Abend der Opfer von Halle in Sachsen-Anhalt, die gestern von einem Rechtsextremisten kaltblütig ermordet und schwer verletzt wurden. Die Amoktat galt eigentlich den Menschen in der jüdischen Synagoge, die dort das höchste jüdische Fest „Jom Kippor“ feierten. Von der Auftaktveranstaltung („Gegen Rassismus“) mit einigen Redebeiträgen auf dem Willy-Brandt-Platz gingen die Teilnehmer über die Kettwiger Straße zur „alten“ Synagoge. Kerzen und Blumen wurden auf der Treppe aufgestellt und abgelegt. Es war ein sehr würdiges, stilles Gedenken...



Donnerstag, 10. Oktober 2019

Offener Brief an die SPD zur Kandidatenwahl, Sicherheit und Kriminalität


Offener Brief

An die Spitzenfunktionäre SPD und
alle anderen Parteimitglieder…

Liebe Genossinnen und Genossen,

die älteste Partei Deutschlands sucht eine neue Führung. Eine Doppelspitze, bestehend aus Frau und Mann. Die Teams touren seit geraumer Zeit durch die Republik und stellen sich den Mitgliedern. Am vergangenen Sonntag war ich in Duisburg unter ihnen. Mein Fazit  habe ich hier öffentlich gemacht: www.ausserdienst.blogspot.de
Im letzten Teil der fast dreistündigen Veranstaltung durften die Zuschauer*innen ihre Fragen an ihre Kandidaten stellen. Ich wollte das auch. Bin leider nicht dran gekommen.
Meine Statement und meine Frage hätten sich an alle auf der Bühne gerichtet - von Saskia Eskens bis Ralf Stegner. Ungefähr so: In Nuancen wollen eigentlich alle Kandidaten*innen das Gleiche. Soziale Gerechtigkeit, Armutsbeseitigung, raus aus der GroKo, Frieden, Chancengleichheit, Umweltschutz, einheitliches Gesundheitswesen, geeintes Europa etc.  Das unterstreiche ich sofort, weil ich es auch möchte. Allerdings habe ich von keinem der SPD-Spitzenkandidaten etwas zum Thema innere Sicherheit, Kriminalität, Stärkung der Polizeiarbeit, Sicherheitsbehörden und der Justiz gehört. Doch, ich glaube es war Boris Pistorius, der ein paar kurze Sätze zur inneren Sicherheit sagte. Und ganz zum Schluss noch Christina Kampmann bei ihrer Vision 2030 im Wechsel mit ihrem Teampartner: "2030 werden keine Polizisten mehr vor Moscheen und Synagogen stehen.“ Na, ja. Das war’s.
Fast 45 Jahre war ich NRW-Polizist in verschiedenen Funktionen, gerne und mit Begeisterung. Meine oberen Dienstherren waren meist Sozialdemokraten. In der Innenansicht und Beurteilung mit unterschiedlichen Zeugnisnoten. Der letzte „Polizeiminister“, Ralf Jäger, war m. E. mit dafür verantwortlich, dass die SPD das schlechteste Ergebnis in meinem Bundesland seit Bestehen der Partei eingefahren hat. Seine Sicherheitspolitik kam bei den meisten Kollegen*innen gar nicht gut an. Den Blitzmarathon fanden sehr viele doof, so wie auch viele Bürger. Von einer PR-Aktion sprachen viele. Es mag noch andere Gründe für die Wahlschlappe der Regierung unter Hannelore Kraft gegeben haben.
Schon vor Jahren sagte mir einmal mein langjähriger Freund und Kollege, damals Sprecher beim Landeskriminalamt, und bis dahin strammer SPD-Wähler: „Die machen mir langsam mein sozialdemokratisches Herzchen kaputt.“ Gemeint war das Wegducken vor Kriminalitätsformen, die uns Polizisten bekannt waren und schon lange beschäftigten. Beispiel „Clankriminalität“. Schon kurz nach der Jahrtausendwende fielen die „arabisch-kurdischen“ Einwohner“ bei der Jahresstatistik aus dem Rahmen, waren ständig polizeilich auffällig. Fälschlicherweise noch unter Libanesen gelistet. Danach waren über 100 (!) Prozent der in Essen lebenden Menschen dieser homogenen Ethnie straffällig geworden. Eine Parallelgesellschaft mit eigenem Friedensrichter. Zugegeben, es lag auch an der  statistischen Erfassung. Das Problem wurde totgeschwiegen.
Das Wort „Kuscheljustiz“ machte immer mehr die Runde. Auch im anderen Zusammenhang. „Herz-Jesu-Kammern“ nannten die Kriminalisten die Gerichte, die über Kapitalverbrechen zu entscheiden hatten. Jetzt springt der NRW-CDU-Innenminister Reul auf den Zug, geht gegen „Clankriminalität“ vor und erntet Applaus von allen Seiten, natürlich nicht von der arabischen und ganz linken politischen.
In Berlin gibt es 58 (!) organisierte Banden, die meisten mit internationaler Besetzung, berichtete erst kürzlich das dortige LKA. Über die rot-rote Sicherheitspolitik in der Bundeshauptstadt lacht sich die Republik kaputt (Stichwort: Görlitzer Park).
Und im Straßenverkehr? Wann seid ihr zum letzten Mal kontrolliert worden? Hier zählen wir immer noch über 3.000 Tote und viele Verletzte. Die Verkehrsmoral sinkt. Illegale Autorennen, verrückte Hochzeitskorsos, verstopfte Autobahnen sind Schlagzeilen. Da machte sogar der jetzige CDU-NRW-Ministerpräsident mit Wahlkampf. Und die Polizei? Nicht zu sehen. Ich bin in anderen Zeiten als junger Schutzmann groß geworden. Als Verkehrskontrollen noch ein Großteil der polizeilichen Arbeit war.

Der mangelnde Respekt und die Anerkennung von Polizei, Feuerwehr und anderen Rettungskräften geht immer mehr verloren, so dass schon eigene öffentlichkeitswirksame Kampagnen gefahren werden müssen. In den Netzen wird gepöbelt, gehetzt und beleidigt. Wenn eine Politikerin auf das Übelste beschimpft wird, schüttelt wieder die Republik über das Justiz-Urteil den Kopf.
Und von Euch auf der Bühne? Kein Wort dazu. Existieren Sicherheit und die dafür maßgeblich Verantwortlichen für euch nicht? Das kann ich nicht verstehen.
Was nützen all die sozialen Errungenschaften, wenn sie nicht im sicheren Alltagsleben eingebettet sind, wenn die Menschen nicht angstfrei leben können oder Opfer vom Straßenverkehr werden. Besonders in Stadtteilen mit hohem Ausländeranteil wächst die Unzufriedenheit. Dann steht so einer wie Guido Reil auf, der Bergmann aus dem Essener Norden, und schwenkt ganz nach rechts. Und alte Sozis laufen ihm hinterher. Hochburgen der Sozialdemokratie gehen verloren.
Ich bin als „Rentnerblogger“ in den sozialen Netzwerken unterwegs. Die Beiträge hier mögen nicht repräsentativ sein, allerdings geben sie ein Stimmungsbild wieder. Letztens saß ich in der Nähe eines Rentnerstammtischs und lauschte. Ich dachte nur: Hoffentlich sind die nicht auf Facebook unterwegs.
Die Menschen haben Angst vor Überfremdung. Die Menschen haben Angst vor Kriminalität im öffentlichen Raum. Selbst in ihrer Wohnung fühlen sie sich nicht mehr sicher. Zugegeben - Angst, Opfer eines Verkehrsunfalls zu werden, haben sie nicht. Das Vertrauen zur Politik geht verloren.
Diese wichtigen Themen könnt ihr doch nicht negieren. Schlafen Eure Berater auf dem Baum? Wollt ihr nichts gegen dieses Entwicklung tun?
Zum Beispiel an den Organisationsstrukturen der Behörden, mehr Polizeibedienstete einstellen oder Gesetze an die geänderten Gegebenheiten anpassen.
Jetzt soll mir niemand mit „Subjektivem Sicherheitsgefühl“, wie Boris Pistorius am Sonntag, kommen. Das habe ich aus Loyalitätsgründen und dienstrechtlicher Verpflichtung zwei Jahrzehnte als Sprecher meiner Behörde auch getan.
Es ist in Ordnung, wenn Ihr Euch für „Ein gutes Kita-Gesetz“, für ein „Bildungs- und Teilhabegesetz“, für eine Grundrente, für mehr Bildung und gute Bezahlung stark macht, aber vergesst nicht, was die Menschen noch beschäftigt. Sonst werdet ihr, wie ich übrigens auch, in die „Gutmenschenecke“ gedrängt. Das ist erst einmal nicht tragisch. Denn was soll an guten Menschen schlecht sein? Aber ihr kommt da nicht mehr raus und verliert eine Wahl nach der anderen. Die Realität dürfen Politiker*innen nicht aus den Augen verlieren. Ihr tut es.
Ich hoffe, ich behalte, im Gegensatz von meinem Kollegen,  mein sozialdemokratisches Herz noch eine Weile. Wie lange allerdings, weiß ich nicht?

Glückauf
Euer
Uwe Klein - Essen/ Ruhrgebiet

P.S. Und während ich hier noch schreibe, berichten die Medien über die antisemitischen Morde in Halle. Die Republik trauert, einige reiben sich die Hände, weil ihre Saat aufgeht.

Sonntag, 6. Oktober 2019

DSDS - Deutschland sucht den Super-Sozi


Wer führt künftig die älteste Partei Deutschlands, die in den Umfragewerten immer mehr in den Keller geht? Sieben Doppel-Teams präsentierten sich heute vor rund 1500 SPD-Parteimitgliedern in der Duisburg Mercatorhalle. Eine derartige „Politik-Casting-Show“ für den Vorsitz einer Partei hat es bislang noch nicht gegeben. Mitte bis Ende Oktober stimmen die Mitglieder ab.

Ich habe mir die Kandidaten angehört und angeschaut. Hier meine Eindrücke, Fotos, ein paar Zitate und mein Fazit.

Ralf Stegner: "Als Stimmungskanone der Partei mache ich den Anfang und habe die klügste Frau Deutschlands an meiner Seite."


Christina Kampmann: "2030 werden keine Polizisten mehr vor Moscheen und Synagogen stehen.“


Karl Lauterbach: „Wir sind zwar der Tod der GroKo - wir sind aber die Geburt der neuen linken SPD.“


Olaf Scholz: "Es gibt kein faires Deutschland ohne die SPD."


Boris Pistorius: "Wir wollen, gute Nachbarn sein - nach innen und außen."


Walter-Norbert Borjans: "Wir sind aus dem SPD-Bus ausgestiegen und in der neo-liberalen Pampas gelandet.“


Den meisten Applaus erhielten das Team Norbert-Walter Borjans/ Saskia Esken und das Team Christina Kampmann/ Michael Roth. Ein paar der Kandidaten waren an dem Abstieg der SPD der letzten Jahrzehnte unmittelbar beteiligt. Deshalb sind sie für mich aus dem Rennen um die Parteiführung raus. Andere sind einfach politisch zu farblos.

Ich setze auf das jüngste Team, Christina Kampmann (39) und Michael Roth (49). www.herz-und-haltung.de

Dienstag, 1. Oktober 2019

Heute vor 50 Jahren - ich werde Polizist


1. Oktober 1969. Ich stehe im Alter von 16 Jahren um kurz vor 12.00 Uhr mit einem Koffer und einer Sporttasche in den Händen in der Kaserne der Bereitschaftspolizeiabteilung I der Kleinstadt Bork in Westfalen. Die Kleinstadt am Rande des Ruhrgebiets hat die Postleitzahl 4711. Der Polizeikollege meines Vaters hat mich mit seinem VW „Bulli“ aus meiner Heimatstadt Gelsenkirchen-Buer dort hingebracht. Der Beginn als Polizist.

Intern nennen wir die riesige Unterkunft „Bullenkloster“. Hat ja auch etwas davon. Frauen - Fehlanzeige. Die sehen wir nur in der Küche und im Verwaltungsgebäude. Meine „Zelle“ ist eine kleine Vier-Mann-Stube mit Tisch, vier Stühlen, vier Spinden und zwei Doppelstockbetten. Ich schlafe unten. Ein Gemeinschaftswaschraum, eine Gemeinschaftstoilette und die Gemeinschaftsdusche im Keller ergänzen mein neues Zuhause. Einen Dienstgrad habe ich auch: Polizeiwachtmeister auf Widerruf. Auf den Schulterklappen der filzigen grünen Uniform ist nichts zu sehen. Der Tagesablauf ist streng geregelt. Unterricht in Rechtskunde, Sport, Übungen im geschlossenen Verband, exerzieren, marschieren, singen („Oh, du schöner Westerwald“) und grüßen lernen, durch Handhandlegung an die Schirmmütze, Umgang mit polizeilichen Ausrüstungsgegenständen.
Nach Dienstschluss ist nichts los in der Polizeikaserne. Abends ist wieder Sport angesagt, Kartenspielen und/ oder Biertrinken in der Kantine. Um 22.00 Uhr heißt es Licht aus. Das wird vom BvD (Beamten vom Dienst) kontrolliert. Bettruhe im hellgrünen an den Ärmel dunkelgrün abgesetzten Schlafanzug. Nachts werde ich manchmal wach, das Doppelbett mit Stahlrahmen wackelt ein bisschen. Nach dem Gemeinschaftswecken, der Gemeinschaftsmorgentoilette, dem Gemeinschaftsfrühstück im riesigen Essenssaal, mit abgetrenntem Bereich für die Ausbilder, heißt es: „Antreten in Linie zum Morgenappell vor dem Hauptgebäude.“ Ich stehe immer am Rande dieser Ordnungsformation. Es wird nach Größe aufgereiht. „Der kleine Klein nach rechts außen.“
Der „Außendienstmeister“, ein Polizeiobermeister, beginnt mit der Kleider- und Haarkontrolle. Manch einer wird zum polizeieigenen Frisör geschickt. Natürlich in der Mittagspause. „Nicht nur Seife kaufen“, ist sein Spruch. Der „Innendienstmeister“ oder „Spieß“, Polizeihauptmeister Stille, gibt die Neuigkeiten oder Besonderheiten bekannt. Oder er wirbt uns an. So werde ich Mitglied im Polizeisportverein, obwohl ich da schon in Gelsenkirchen drin bin, und der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Widerrede kommt nicht gut an. Wer wegen Verletzung oder Krankheit vom Sport befreit ist, muss in die Küche zum Kartoffelschälen oder den Vorplatz von Zigarettenkippen reinigen. Die Freude nach dem Stubenappell ("Stube, gereinigt und gelüftet!") auf das Wochenende und die tägliche Briefausgabe beim Mittagsappell ist groß. Ich bekomme jeden Tag einen von meiner Sabine, der Brief ist adressiert an Polizeiwachtmeister Uwe Klein, 4711 Bork/ Kreis Lüdighausen, Im Sundern, Grundlehrgang 69/X, Klasse D . So ging das ein Jahr lang – eine tolle Zeit für einen 16-Jährigen. Aber vielleicht verklären auch 50 Jahre die Sichtweisen.