Sonntag, 13. September 2020

Ein kleiner Schnitt für den Arzt…

…ein großer Schnitt für mich. Die Krankenhäuser sind auch nicht das, was sie mal waren. Die Zimmer sind großzügig. Und wenn man das Glück auf ein Einzelzimmer mit Blick ins Grüne hat, könnte man glatt in Urlaubstimmung kommen.

Das Krankenhaus (Huyssenstift), in dem ich mich seit heute befinde, kenne ich noch aus meiner Anfangszeit als junger Schutzmann der Essener „Gerlingwache“.

Das evangelische Huyssenstift heute Abend

Es liegt am Rande der Innenstadt. Schöne Wohngegend. Aber die Klinik hatte vor knapp 50 Jahren nicht den allerbesten Ruf. Unsere Klienten wollten immer ins nahe gelegene Elisabethkrankenhaus. Selbst im größten Leid. Die Schwestern der Notfallambulanz im „Elisabeth“ waren auch viel netter. Das Huyssenstift war einfach nur piefig. Einer sagte mal zum Notarzt: „Wat? Zum Huyssen? Da gehze doch nur zum Abnippeln hin.“

Tonnenschwere Kompetenz - Kliniken Essen Mitte

Und heute? Das Krankenhaus ist eins von vielen der Kliniken Essen Mitte (KEM) und genießt einen hervorragenden Ruf über die Stadtgrenzen von Essen hinaus. Na, dann bin ich ja für morgen beruhigt.

Am frühen Abend im Park


 

Freitag, 11. September 2020

9/11 – vor 19 Jahren

Bei unseren New York Aufenthalten wurde es zu einem Ritual. Ich setzte mich für ein Foto neben die Bronzestatue "Double Check" von John Seward Johnson. Sie stellt einen Geschäftsmann dar, der seinen Aktenkoffer „checkt“. Er sitzt auf einer Bank im Zuccotti Park, nahe des Word Trade Centers. „Bis zum nächsten Mal, mein Freund“, hieß es. Dann der Terroranschlag am 11. September 2001.  Als Asche und Staub sich lichteten, kam die Statue fast unbeschädigt wieder zum Vorschein. Der Künstler überarbeite sie und fügte in den Aktenkoffer Gegenstände von Trauernden hinzu. Der bronzene Geschäftsmann wurde zum Symbol des Überlebens.

"Double Check" 1995 - 2001 - 20012

Der Terroranschlag hat mich anfangs im wahrsten Sinne des Wortes krank gemacht. Fernsehbilder waren für mich unerträglich. Mir kamen ständig die Tränen. „Meine Türme“ sollen nicht mehr da sein? Fast 3000 Menschen kamen zu Tode. Erst eineinhalb Jahre später an meinem 50. Geburtstag, als wir am Ground Zero standen, und ins riesige, schneebedeckte Loch guckten, verging langsam das Trauma. Vielleicht ging es Menschen ähnlich wie mir, die mal oben auf dem Dach der Welt standen. Die New York so mögen wie meine Frau und ich, die mal am Tag und in der Nacht aus über 400 Meter über diese wahnsinnige Stadt schauen durften.

Diese Skyline gibt es nicht mehr

Einige Jahre später erzählte mir ein New Yorker Polizeikollege beim Rundgang durch Manhattan, wie er im Einsatz diesen Tag und das Zusammensacken der Zwillingstürme erlebte. Wir sahen die Überbleibsel von verkohlten persönlichen Gegenständen der Feuerwehrmänner und Polizisten im Polizeimuseum.

Meine New Yorker Kollege

In den Jahren danach starben noch viele Retter, die in den Trümmern nach Überlebenden suchten, die den Staub in ihre Lungen aufnahmen, an Folgekrankheiten. Fast so viele wie die Menschen in den Türmen, die keine Überlebenschance hatten. Viele sprangen in ihrer Verzweiflung in den Tod. Die weltpolitischen Folgen waren verheerend. Die Attentäter haben zigtausend Menschen auf dem Gewissen. Never forget.

 

Donnerstag, 10. September 2020

Umgangssprache

Den Menschen in der Region wird eine kurze, direkte und ehrliche Ansprache nachgesagt. Ein richtiger Dialekt ist das nicht. Die Sprache hat sich so entwickelt, bedingt auch durch die Menschen aus ganz vielen Regionen, die hier Kohle machen wollten. Nicht nur die schwarze. Der Ursprung der Umgangssprache liegt im Bergbau. Schön ist anders. Und mit dem Dativ liegen hier auch viele über Kreuz. Im dunklen Loch konnten die Kumpel nicht lange diskutieren. Selbst Beschimpfungen („Ey, Du Arsch “) sind freundlicher als in der gemeindeutschen Umgangssprache. Diese typische Kommunikation gab es nicht nur unter Tage. Ich kenne sie aus meinem früheren Beruf und jetzt auch aus dem Gesundheitswesen.  Sie macht selbst vor Akademikern nicht halt. Beispiel gefällig. Patient: „Wie würden Sie sich an meiner Stelle fühlen.“ Professor. „Scheiße!“  Alles gesagt. Ich liebe die Menschen im Pott (die meisten).


Mittwoch, 9. September 2020

Drei K

Es gibt drei Tabus, die fangen alle mit K an. Kirche (die sollte kein Tabu mehr sein), Krieg (der sollte tabu sein). Aber das dritte K, das fürchten wir am meisten, das fürchten wie die Pest. Diese Gedanken stammen von Herman van Veen, dem holländischen Sänger, Geiger, Poet, Tänzer, Schauspieler, Pantomime, Satiriker, Bürgerschreck, Träumer, Kinderfreund, Kabarettist, Clown und vieles mehr. Er hat mich, er hat uns seit Anfang der 1970er-Jahre begleitet. Meine Frau sagte einmal über diesen wunderbaren glatzköpfigen Holländer: „Ich liebe zwei Männer, dich und Herman van Veen.“ Welch schönes Kompliment. Seine Musik, seine Gedanken haben mich über die fast fünf Jahrzehnte berührt, verzaubert, nachdenklich, getragen und heiter gemacht. Auch jetzt.

Selbstportrait © Uwe Klein

 

 

Montag, 7. September 2020

Was wäre wenn…

…es vor 50 Jahren schon das Internet und die sozialen Netzwerke gegeben hätte? Ich lese heute häufig den Satz in den Foren und Kommentaren: Es wird immer schlimmer. Ne, ne. Stimmt nicht. Es war immer schon schlimm. Vielleicht sogar schlimmer. Die letzte Seite meiner Tageszeitung NRZ gibt die Antwort und einen Rückblick. „Vor 50 Jahren“ lautet die Überschrift. Jeden Tag lese ich über die weltweiten und regionalen Gräueltaten, die Unglücke, die Schicksale im Jahr 1970. An einige kann ich mich noch gut erinnern. An einem Wochenende wurden  vor fünf Jahrzehnten drei Flugzeuge entführt, eine Entführung scheiterte. Hunderte von Fluggästen versetzten die vermeintlichen Freiheitskämpfer in Todesangst. Eine Entführung misslang, einer der Terroristen wurde erschossen, seine Komplizin, im Besitz von zwei Handgranaten, von Passagieren überwältigt. Die Täter: arabische Terroristen der PLO, Angehörige der Volksfront zur Befreiung Palästinas.

Titelseite der NRZ vom 7. Sept. 1970

Liebe Internetuser im Jahr 2020, fragt einfach mal die Älteren oder werft jeden Tag einen Blick in die NRZ. Es ist nicht schlimmer geworden. Nur anders. Glaubt mir. Auch auf lokaler Ebene kann ich das nach fast 45 Jahren Polizeidienst bestätigen. Die Welt war schon immer ein Tollhaus.

Samstag, 5. September 2020

Nina - Warum unsere Tochter so heißt?

„Uwe, Uwe“, schallte es früher durch die Fußballstadien. Ich dachte als Kind, dass alle mich rufen. Als mir meine Eltern den kurzen nordischen Vornamen verpassten, dachten sie noch nicht an den späteren Fußballstar Uwe Seeler. Die Namensvergabe hatte wohl andere Gründe. Mit Uwe komme ich unkompliziert durchs Leben. Kein Diktieren, keine Verwechselungsgefahr wie z.B. Kirsten, Kerstin oder Kirstin, keine Schublade. Obwohl es auch einen Uve mit V gibt. Die Schreibweise kennen nur die wenigsten. Aber um mich soll es in diesem Blog doch gar nicht gehen. Es geht um Nina.

Nina im Alter von 5 Jahren auf einem SEK-Fahrzeug

Im Kinderzimmer meiner Frau hingen Ende der 1960er-Jahre Che Guevare (zum Leidwesen ihres Vaters), der Bravo-Starschnitt von Pierre Brice als Winnetou und der Rennfahrer Jochen Rindt an der Wand. Der Letztere noch als wir uns ineinander 1969 verliebten. Jochen Rindt war damals der erste rennfahrende Popstar auf dem Weg zum Weltmeister.

Jochen Rindt gewann gewann 6 Grand-Prix-Rennen (Foto: Wikipedia)

Und dann passierte das Unglück in Monza. Jochen Rindt verunglückte heute vor 50 Jahren tödlich. Seine hübsche Ehefrau Nina (!) saß in der Boxengasse, als die Freunde mit dem blutverschmierten Helm ihres Mannes von der Rennstrecke zurückkamen. Am 5. September 1970 endete das Leben des 38-Jährigen in seinem Lotus unter einer Leitplanke. Er wurde nach seinem Tod noch Formel 1 – Weltmeister.

Die Finnin Nina Rindt im T-Shirt ihres Mannes

Die ersten Motorshows in den Essener Messehallen wurden nach ihm genannt  - die Jochen-Rindt-Shows. Ehefrau Nina eröffnete jeweils die Ausstellungen in prominenter Runde. Und ihr Name war die Vorlage für unsere 1976 geborene Tochter – Nina eben.