Samstag, 21. März 2020

Anfang und Ende in dieser Zeit


„Es geht in der Corona-Krise um Leben und Tod“, sagt der NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Ja, er hat recht. Ich meine jetzt nicht das Sterben aufgrund einer Virusinfektion. Das ist traurig genug. Ich meine gesellschaftliche Einschränkungen im Zusammenhang mit diesem Thema.
Väter können und dürfen nicht mehr bei der Geburt ihrer Kinder dabei sein. Der Kreißsaal bleibt nur für die unmittelbar Beteiligten geöffnet. Einen Satz lese ich heute in der Tageszeitung häufig. Und zwar auf den Doppelseiten der Todesanzeigen. „Die Beisetzung hat aufgrund der momentanen Situation im engsten Familienkreis stattgefunden.“ Einige Familien fügen hinzu: „Die Trauerfeier wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt.“ Besonders hat mir gefallen: “Olli würde schmunzeln.“
Ja, ich bin ein Befürworter davon, dass beim letzten Gang viele Verwandte, Freunde, Nachbarn und Wegbegleiter des Verstorbenen dabei sind. Wenn Arbeitskollegen sterben, wird die Trauerfeier im Anschluss bei Kaffee und Kuchen zum Veteranentreffen. Dann darf nach den Tränen auch wieder gelacht werden. Ein Teil der Trauerbewältigung.

Margot Käßmann, die Pfarrerin und ehemalige Bischöfin, schrieb in ihrem Buch DAS ZEITLICHE SEGNEN: „Da ist es schön, Menschen wiederzusehen, die Du lange nicht gesehen hast. Es ist eine Feier in Respekt vor den Toten, aber auch für die Lebenden.“ Der Satz der Mutter am Abend der Trauerfeier und Beerdigung für ihren achtjährigen Sohn Moritz, meinem kleinen Freund, klingt für mich immer noch nach: „Es war ein schöner Tag.“
Der Tod hat schon zwei Mal nach meiner, nach unserer Hand gegriffen, 1978 beim Badeunfall unseres Sohnes Axel, 1981 bei meinem Hubschrauberabsturz und ein bisschen auch bei meinem Infarkt 2015 in Wien. Aber dann hat er sie wieder losgelassen, Gott sei Dank. Seit vielen Jahren beschäftigte ich mich mit ihm und habe Gevatter Hein zu meinem Freund erklärt. Vielleicht aus Dankbarkeit oder aus rein egoistischen Gründen. Dann lässt er mich noch ein bisschen länger im Irdischen, denke ich.
Aber manchmal ist der Tod auch ein großes Arschloch. Immer dann, wenn er die Kinder, wie Samantha und Moritz, holt oder Menschen ganz plötzlich aus dem Leben reißt, wie unseren Piloten und Polizeikollegen Rolf damals im Wald bei Paderborn. Er kann aber auch sehr sanft sein, so wie bei meiner Mutter. Sie legte sich noch einmal vormittags ins Bett, weil es ihr nicht so gut ging und schlief mit ihren 89 Jahren ein. Für immer.
Gestern ist Kurt gestorben. Auch er muss nun im ganz kleinen Kreis verabschiedet werden. Schade, es wird kein Veteranentreffen geben.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen