Ein Fußballtorwart kann zum Helden oder zu einer tragischen
Figur werden. Wir erleben es zurzeit „auf Schalke“. „Toni, Du bist ein
Fußballgott“, schrie der Reporter Herbert Zimmermann 1954 ins Radiomikrofon.
Deutschland wurde Weltmeister. Jahre später. Die Experten wählten Manuel Neuer dreimal zum
Welttorhüter. Helden! Der letzte Mann auf dem Fußballplatz entscheidet häufig
über Sieg oder Niederlage. Seine zehn Vorderleute dürfen Fehler machen. Die
Auswirkungen sind meist nicht so spielentscheidend. Aber der Torwart? Ein
Fehlgriff entscheidet oftmals über Sieg oder Niederlage.
Wir erleben gerade, wie ein junger Torwart zu einer
tragische Figur im Fußballgeschäft wird. Gestern Abend nach dem Spiel in Köln, das
3:0 verloren ging, hatte er Tränen in
den Augen. Dabei verlief seine Karriere bisher steil bergauf. Der 23-Jährige
fiel vor Jahren den Scouts beim „kleinen“ Bundesligisten FC Paderborn, seinem
Geburtsort, auf. Er wechselte schon kurz danach zum Traditionsverein FC Schalke
04. Und hier gelang im ebefalls etwas Ungewöhnliches. Er verdrängte den Stammtorwart.
Alle glaubten, hier in Gelsenkirchen wächst der neue Welttorwart heran.
Dann der sportliche Schock in der laufenden Saison. Alexander
Nübel gibt seinen Wechsel zum Spitzenclub Bayern München bekannt. Beginn
der Tragik.
Dort steht noch der genannte Welttorhüter Manuel Neuer, auch
ein Ex-Schalker, zwischen den Pfosten. Alle fragen sich, was Nübel dort jetzt
schon soll? Sind es die Euro-Millionen? Er wird dort zunächst auf der
Ersatzbank Patz nehmen müssen.
Die Fans des blau-weißen Clubs sind sauer auf den jungen
Mann. Verständlich. Aber sie halten sich mit öffentlichen Schmähungen noch
zurück. Die sind in den Stadien nicht unüblich. Gerade in den legendären
Kurven. Der Paderborner bleibt für den Schalke-Trainer die Nummer 1. Nur einmal
durfte er nicht auf den Rasen, als er nach einem üblen Foul für drei Spiele gesperrt
wird. Sein Ersatzmann patzt danach ebenfalls. So kommt Alexander nach Ablauf der
Sperre wieder ins Tor. Und er macht Fehler. Ist der Druck zu groß? In den Foren des Internets wird jetzt öffentlich seine Ablösung
gefordert und gepöbelt.
Gestern der tragische Höhepunkt. Das Spiel gegen den FC Köln
war schon längst verloren, als 10 Minuten vor Schluss dem Keeper Nübel ein ganz
leichter Torschuss durch die Hände flutscht und er sich den Ball danach durch
die Beine hinter die Linie haut. Slapstick nennen das die Kommentatoren. Die mitgereisten Schalke-Fan pfeifen ihren
Torwart aus und skandieren: Nübel, raus! Nübel, raus!
Nach dem Schlusspfiff ist der so Gescholtene ganz alleine. Seine Augen sind feucht. Wird ihm jetzt
erst bewusst, was in den letzten Wochen passiert ist, trotz der tröstenden
Umarmungen seiner Mitspieler?
Die Causa „Nübel“ hat ihren tragischen Höhepunkt erreicht.
Ich wünsche dem jungen Mann, dass er aus diesem tiefen sportlichen und
menschlichen Tal hinauskommt. Seine Berater, die den Deal mit dem bayrischen
Club eingefädelt, abgeschlossen und sich bestimmt auch einiges vom
Millionenkuchen in die Tasche gesteckt haben, sollten sich schämen.
P. S. Ich denke
an Robert Enke.
Gute berüllt, Löwe, mehr ist dem nicht hiunzuzufügen. Ich schließe mich vor allem deinen menschlichen Wünschen an und drücke dem jungen Mann die Daumen.
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