Donnerstag, 4. Februar 2021

Verlässt die Polizei ihr Stammhaus?

Die Spatzen pfiffen es schon von den Polizeidächern. Jetzt ist es öffentlich. Die Tageszeitungen berichten gestern über einen möglichen Aus- und Umzug aus dem Präsidium an der Büscherstraße im Stadtteil Rüttenscheid. Zieht die Polizei aus ihrem Stammhaus aus? Der Grund könnte Platzmangel sein. Der Mietvertrag mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW läuft 2023 aus. Ein Umzug nach Bredeney in eine Immobilie der ehemaligen Karstadt-Hauptverwaltung ist im Gespräch, heißt es in der Berichterstattung.

Frontalsicht mit Haupteingang

Das Essener Polizeipräsidium ist eines der wenigen Gebäude, die den Bomben der Alliierten im 2. Weltkrieg stand hielt. Zwar schwer beschädigt, konnte es wieder nach und nach in den alten Zustand hergestellt werden.

Historie: Die Bauarbeiten des Polizeipräsidiums begannen 1914 und endeten 1918. Dieses Datum ist über dem Haupteingang in Stein gemeißelt. Es folgten aufregende Zeiten. In den 1970er-Jahren wurden die ersten Überlegungen eines Abrisses laut. Es sei nicht mehr zeitgemäß und für die Bediensteten zu klein geworden, hieß es damals. Gott sei Dank verhinderten kluge Köpfe die Idee der Bausünde.

Das Präsidium kam 1987 unter Denkmalschutz. Eine Sanierung und die Neuerrichtung des Westflügels erfolgten ab den 1990er-Jahren.

Das Gebäude im klassizistischen Stil ist eins der geschichtsträchtigsten in Essen. Kaiserreich, Weimarer Zeit und Besetzung durch französische Truppen, Naziherrschaft und Wiederaufbau überlebte der Hauptsitz der Essener Polizei.

Neuer Westflügel und das Polizeigewahrsam (rechts)

Meinung: Ich habe 21 Jahre im Polizeipräsidium gearbeitet und mich immer dort wohl gefühlt. Dicke Mauern und hohe Wände waren von Natur aus in heißen Sommern eine gute Klimaanlage. Mich interessierte auch immer der Historie des Gebäudes. Wenn Mauern erzählen könnten? Für mich wäre die Abmietung, wie es im Amtsdeutsch heißt, und Aufgabe des polizeilichen Stammhauses, eines der schönsten Gebäude der Stadt, der historische Supergau. Da sollte das Innenministerium in Düsseldorf ihren Vorbehalt äußern. Geschichte kann nicht gegen Pragmatismus und finanzielle Vorteile aufgewogen werden. Da muss ein Kompromiss her.

 

Bauarbeiten im Innenhof

Infos: Planungsbeginn 1912 +++ Vertragsabschluss 1913 +++ Grundstückspreis 360.960 Reichsmark +++ Baukosten 1.5 Millionen Reichsmark +++ Baubeginn 1914 +++ Grundstücksgröße: 8184 qm +++ Nutzungsgröße 6815 qm +++ Bebauung 3700 qm +++ Planung der Fertigstellung 1916 +++ Verzögerung durch Krieg (Bauarbeiter zur Front, fehlendes Baumaterial, Witterungseinflüsse) +++ Einzug des ersten Polizeipräsidenten Dr. Bemberg-Flamersheim in die Dienstwohnung im Nebengebäude +++ 1. April 1918 Fertigstellung +++ Einzug der Bediensteten und offizielle Übergabe 15. Mai 1918 +++ nach dem 2. Weltkrieg Sanierung/ Weideraufbau ab 1948 +++ 1987 Denkmalschutz +++

 

5 Kommentare:

  1. WÄRE SCHADE DENN DER SITZ GEHÖRT ZUM JUSTIZVIERTEL

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  2. Das finde ich auch. Das Gebäude befindet sich ja in Sichtweite des Amts- und Landgerichts.

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    1. Das Präsidium mit seinen Dienststellen gehört einfach ins Justizviertel.

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  3. Gibt es einen direkten Gang vom Polizeigebäude rüber zum Landgericht? Das wissen wohl nur die Insider :)
    Ich wohne auch in direkter Nähe, man sollte auch bedenken das es Vorteile hat das Präsidium, Landgericht und Staatsanwaltschaft direkt zusammen liegen. Wer kann so ein grosse Denkmalgeschüztes Gebäude übernehmen? Ich sehe da Jahrelange leerstand kommen, was keinem Gebäude gut tut... U.Krone

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    1. Nein, das wurde oft erzählt. Es ist wohl eine Legende. Ich habe den langjährigen Hausmeister immer wieder daraufhin angesprochen. Er hat nur gelacht. Und er kannte das Gebäude wie seine Westentasche.

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