Montag, 29. Juni 2020

I love NY

Jetzt starb jemand, der dieser verrückten Stadt seinen Stempel hinterlassen hat. Das Logo besteht aus einem großen I, einem roten Herz und das Kürzel NY. Mehr nicht. Die Gabe der Einfachheit. „I love New York“. Milton Glaser heißt der Designer. Er starb am vergangenen Freitag im Alter von 91 Jahren.

Kann man eine Stadt lieben? Früher dachte ich: unmöglich, vielleicht mögen oder gut finden. Dann zog es mich zu ersten Mal nach New York mit einem der besten Stadtführer. Michael Dybowski, damaliger Polizeipräsident von Essen, nahm mich mit. Zu dieser Zeit war ich sein Sprecher. New York kannte er wie seine Westentasche. Jedes Jahr besuchte er seine befreundete Familie im „Big Apple“, die am Stadtrand wohnte. Meine Beziehung zu dieser Stadt bestand durch meinen Großonkel Heinz, der als junger Mann während der Weltwirtschaftskrise in den 1920er-Jahren mittellos aus Düsseldorf in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten auswanderte. Seine Tante und meine Groß-Großtante Elisabeth hatte schon die Migration nach einer gescheiterten Ehe im 19. Jahrhundert angetreten. Onkel Heinz, der gelernte Chemielaborant und Tante Elisabeth, die gelernte Krankenschwester brachten es im Laufe der Jahre sogar zu ein bisschen Wohlstand. Meine Eltern sprachen immer von Onkel und Tante aus Amerika und verpassten mir dann gleich als Zweitnamen den „Heinz“.

Gegensätze - auch das ist New York

Beim ersten Besuch 1990 infizierte ich mich mit dem Virus New York. Und meine Frau Sabine später gleich mit. Die Stadt diente dann in den Folgejahren immer wieder mal als Location für unsere runden Geburtstage oder sogar zur Silberhochzeit. Ja, wir lieben diese Stadt, die mittlerweile sogar unsere Haut bildlich ziert. Meine Sabine sagte mal: „Wenn Du aus dem Flieger steigst, bist Du ein anderer Mensch.“ Recht hat sie. Wenn ich früh morgens durch die Straßen der aufwachenden Stadt schlendere, ist das immer wie ein Gang durch ein riesiges Museum. Und ganz besonders gefallen mir die Menschen mit ihren unzähligen Herkünften, meist hilfsbereit und freundlich. Die Freiheitsstatue auf meiner linken Wade öffnet mir auch Türen. Dann liegt mir schon mal ein New Yorker zu Füßen, um ein Selfie zu machen.

In NY herrscht eine Alltagsfreundlichkeit, die ich hier nicht wahrnehme.

Nicht nur die Hommage „New York, New York“ von Frank Sinatra besingt diese Stadt. Unzählige Künstler haben das getan. Eines meiner Lieblingslieder ist das „New York“ von Paloma Faith („Er hat mich für eine Dame verlassen, sie war groß und hat nie geschlafen. Ihr Name New York“).

Milton Glaser, dessen ungarische Eltern auch Einwanderer waren, hat die Stadt jetzt verlassen und durch sein Logo für immer auf den Punkt beziehungsweis auf ein Herz gebracht, für kurze Zeit der Trauer ein gebrochenes. I 💔 NY.

Als die Türme noch standen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen