Mittwoch, 15. Januar 2020

BB - Der letzte Krupp


Berthold Beitz war einer der berühmtesten Manager Deutschlands, Generalbevollmächtigter und Vorstandsvorsitzender vom Essener Stahlunternehmen „Krupp“. Seine größte Leistung allerdings: Während des Zweiten Weltkriegs retteten er und seine Frau Else in Polen hundert jüdischen Zwangsarbeitern das Leben. Das Ehepaar  stufte sie als unentbehrlich für seine Fabriken für die Ölindustrie ein. Erst Jahre später wurde die mutige Tat bekannt. 1973 erkannte die israelische Gedenkstätte „Yad Vashem“ das Ehepaar Beitz als „Gerechte unter den Völkern" an. Berthold Beitz lehnte über Jahre die Ehrung ab. Bei seiner Rede in Jerusalem weinte er. Ungewöhnlich für so einen taffen Manager.
Büste von BB im Museum Folkwang des Künstlers Bertrand Freiesleben

Auf der Höhe des deutschen RAF-Terrorismus Ende der 1970er-Jahre wurden viele Repräsentanten aus Politik und Wirtschaft Deutschlands ermordet. Auch der Essener Industriemanager stand auf den Todeslisten der Bader-Meinhoff-Bande und seinen Nachfolgern.
So kam ich als junger Polizist, als einer von vielen Personenschützer des SEK, mit Berthold Beitz in Kontakt. Eine kleine Begebenheit bleibt mir in bester Erinnerung. Bei den vielen Terminen über Tag kamen wir jungen Schutzmänner auch immer etwas auf die Gabel, während die „hohen Herrschaften“ irgendwo im Gebäude tagten und aßen. Wir hatten gerade unser Essen serviert bekommen, als ganz aufgeregt der Fahrer von Berthold Beitz zu uns Personenschützer kam: “Los, wir müssen weg, der Chef möchte aufbrechen“. Für alle hieß das normalerweise: „Pech gehabt, mit leerem Magen auf zum nächsten Treffen.“ Ich ging, was eigentlich unüblich war und meine Kollegen zu dem Spruch hinreißen ließen: „Das kannste Du nicht machen“, zu Berthold Beitz und bat um 15 Minuten Verzögerung der Abfahrt. Der Unternehmer:“ Lassen Sie sich Zeit, ihr Jungs müsst ja für meine Sicherheit gestärkt sein.“ Eine kleine Geste am Rande von einem der größten Industriemanager in der deutschen Wirtschaft.

Berthold Beitz starb kurz vor seinem 100. Geburtstag. Er liegt auf dem Friedhof in Bredeney, am Rande der Ruhestätten der Familie Krupp, neben seiner Frau Else. Bis zum seinem Tod wohnte der 99-Jährige in seiner Villa in der Straße Weg zur Platte 37. Leider wurde das Haus, in das Mächtige dieser Welt zu Gast waren, nicht unter Denkmalschutz gestellt.
Die Beitz-Villa im Stadtteil Bredeney

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