Mittwoch, 2. November 2016

Polizeistatistik oder Lügen mit Zahlen



„Lügenzettel“ wurde (und wird?) der so genannte Streifen- bzw. Einsatzbefehl, der immer nach Dienstende ausgefüllt werden muss, in Kollegenkreisen genannt. Das waren meine ersten Erfahrungen als junger Schutzmann zum Thema Wahrhaftigkeit. Die „Fälschungen“ gingen bei anderen Erfassungen weiter (Anzahl der Verkehrskontrollen, Alkoholtest etc.) Überall dort, wo Zahlen erhoben werden mussten (!), nahmen meine Kollegen und ich es mit der Wahrheit nicht immer ganz so genau. Die Gründe waren  vielfältig.  Eigentlich wollte man „nach oben“ immer gut aussehen und keinen Anlass zur Kritik oder gar Schelte geben. So wurde zum Beispiel der Konkurrenzkampf unter den Dienstgruppen über die Zahlenübersichten ausgetragen. Und diese Zahlenmauscheleien zogen sich über 40 Jahre durch mein polizeiliches Berufsleben. Selbst bei elektronischen Erfassungsmethoden,  legte der ein oder andere Kollege Hand an. Immer dort, wo es möglich war. Jetzt hat mein geschätzter Kollege Kriminalhauptkommissar und Wissenschaftler Dr. Frank Kawelovski an der Fachhochschule für Polizei in Duisburg den Nachweis der Ungenauigkeit durch eine Studie über die Aufklärungsquoten bei den Wohnungseinbrüchen im Innenausschuss der Landtags NRW öffentlich gemacht. Mein Plädoyer in Richtung Ministerium. Hört endlich mit dem Erfassungswahnsinn und den Vergleichen der Polizeibehörden auf. Er erzeugt nur Druck bei den Kollegen und führt zur Unwahrheit. Keine Polizeibehörde ist besser als die andere. In allen Bundesländern. Polizeiarbeit ist überall gleich gut oder gleich schlecht. Sie wird durch den Statistikwahnsinn nicht besser. Man muss ja nicht ganz darauf verzichten. Ich bin fest davon überzeugt, dass es in anderen Bereichen und Berufen ähnlich zugeht. In diesem Zusammenhang empfehle ich das Buch „Lügen mit Zahlen – wie wir mit Statistiken manipuliert werden“ von Gerd Bosbach und Jens Jürgen Korff, erschienen im Heyne-Verlag.

Zurück zu Frank Kawelowski. Er schreibt in einem offenen Brief nach der Diskussion über seine Studie: „Nur so kann sich eine Organisation wie die Polizei positiv fortentwickeln. Konstruktive Kritik ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie und unseres Rechtstaates, Mauschelei und Vertuschung lassen beides untergehen, den Beweis hat die Geschichte vielfach erbracht.“




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