Samstag, 1. August 2020

Beerdigung des Rechtsstaats

Rund 750 (!) Personen nahmen an der Beisetzung eines Mitglieds einer Großfamilie in Essen-Stoppenberg  teil, berichten die Tageszeitungen. Im Netz ist eine heftige über den Verlauf Debatte entbrannt.

Zur Erinnerung:  Bei Beerdigungen sind ab dem 15. Juli 2020 höchstens 150 Teilnehmer erlaubt. Das Abstandsgebot und die Maskenpflicht gelten dabei nicht, soweit geeignete Vorkehrungen zur Hygiene und zur einfachen Rückverfolgbarkeit sichergestellt sind.

Die  Behörden ließen eine  Überschreitung von 500 (!) Prozent zu. Ich weiß persönlich von Trauerfeiern, an denen mit Beginn der Corona-Pandemie nur vier (!) Angehörige teilnehmen durften. Später wurden es mehr. Und die Bestatter und auch die Familien achteten darauf, dass in der Regel die Vorschrift beachtet wurde.

Bei der jetzigen Beisetzung in Essen-Stoppenberg auf dem islamischen Feld des Friedhofs „Am Hallo“ schauten die Behörden bei dieser großen Anzahl der Trauernden untätig zu.

Tags zuvor berichteten die Tageszeitungen noch unter der Überschrift „Vorbereitung auf Clan-Beerdigung“ über die Strategie der Stadtverwaltung. Im Artikel heißt es u. a., man wolle einen größeren Andrang durch verkehrslenkende Maßnahmen reagieren. Auch für Clan-Treffen gelte ohne Wenn und Aber die Corona-Schutzverordnung, […].“ Die Polizei wird wie folgt zitiert: „Wenn mehr Menschen auf dem Friedhof drängen sollten als erlaubt, werde man im Sinne der Null-Toleranz-Strategie einschreiten.“

Das islamische Grabfeld auf dem Hallo-Friedhof

Und einen Tag später begründete die Ordnungsbehörde ihr Nichtstun: “Die Stadt verweist darauf, dass man der Familie, die sich sehr kooperativ gezeigt habe, den Raum geben wollte, in Ruhe und Frieden vom Verstorbenen Abschied zu nehmen.“ Also, dieses Statement hätte die Sprecherin auch schon vorher abgeben können, denn eine Beisetzung sollte immer in Ruhe und Frieden stattfinden. Von der Polizei war nach der ausufernden Teilnehmerzahl nichts zu hören.

Das Einknicken der Behörden ist Wasser auf die Mühlen von rechts-konservativen  politischen Kräften. Und der Normalbürger wird das Argument: “Bei der Großfamilie haben sie weggeguckt“, als Entschuldigung für sein Fehlverhalten nutzen. Bei diesem Fall wurde nicht nur ein Mitglied einer Großfamilie beerdigt, sondern auch gesetzliche Normen eines Rechtsstaates.

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