Samstag, 20. Juli 2019

Meinungsfreiheit - Heute bei Facebook gesperrt - Damals hingerichtet


Am 20. Juli eines jeden Jahres denken wir an die Widerstandskämpfer um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, die nach dem missglückten Bomenattentat auf Hitler hingerichtet wurden. 75 Jahre ist es her. Ich möchte an einen Essener erinnern, der vom selben Richter nur wegen seiner schriftlichen Äußerungen zum Tode verurteilt wurde.

Nach unangemessenen öffentlichen Kommentaren gegenüber der Bundeskanzlerin oder anderen Politikern wird der eine oder andere schon mal für kurze Zeit in den sozialen Netzwerken gesperrt. Bei Beleidigungen kann noch eine geringe Strafe die Reaktionen des Staates sein. Die Entrüstung ist groß, die Meinungsfreiheit wird in Frage gestellt.

Es gab eine Zeit in Deutschland, da wurde man zum Tode verurteilt, wenn man die herrschende Meinung oder die Staatsführung kritisierte. Auch nur bei Satire.


Der Essener Wilhelm Josten hat es nicht einmal öffentlich getan, sondern lediglich im privaten Briefverkehr mit seinem Freund August Storch. Einer seiner Briefe kam in falsche Hände. Fortan unterlag sein Schriftverkehr der Postüberwachung. Nach schweren Bombenangriffen 1944 in Essen schrieb der 48-jährige u. a: „ Wann ist der Krieg zu Ende? Wenn wir drei Meere haben: das Asowsche (Anmerkung: in der Ukraine), das Schwarze und das Nichtsmehr? Und wenn an der Kreisleitung steht: Wegen Einberufung geschlossen. […] In Sizilien kämpfen wir bis zur letzten Zitrone. […] Krupp ist total im Eimer, stellt auch keine Leute mehr ein […] Also, August, Sieg Heil! Hoffentlich schnellsten. Wenn auch alles in Trümmern liegt. Hauptsache der Führer lebt! In diesem Sinnen grüßt Dich Dein Freund Willy.“ Eindeutig bissige Ironie. Aber Spaß können Diktaturen nicht verstehen. Schon gar nicht damals die Nazis. Der Briefeschreiber wurde angeklagt und zunächst wegen Wehrkraftzersetzung in Tateinheit mit Heimtückevergehen zu 2 Jahren Zuchthaus verurteilt. Glück gehabt. Aber der Oberreichsanwalt legte Einspruch ein. Der Fall kam vor den Reichsgerichtshof Berlin. Das Urteil vom berüchtigten Nazi-Vorsitzender Roland Freisler, der auch die Widerstandskämpfer um Claus Schenk Graf Stauffenberg hinrichten ließ, lautete: Tod durch das Fallbeil.

Am 27. November 1944 verlor eine Frau ihren Ehemann und zwei Kinder ihren Vater.



(Quelle/ Foto: Lichter in der Finsternis von Dr. Ernt Schmidt, erschienen im Klartext Verlag)

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