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Samstag, 9. November 2019

40 Jahre Essener Rathaus – mein Blick - und eine Geiselnahme


Als ich 1971 als junger Schutzmann nach Essen kam, gab es in der Stadt kein Rathaus. Die Verwaltungsdienststellen waren über das ganze Stadtgebiet verteilt.
Von Essen kannte ich als gebürtiger Gelsenkirchener nichts. Den ersten wichtigen Ort im Bezirk „meiner Gerlingwache“, den mir die älteren Kollegen („Bärenführer“) zeigten, war eine ganze Straße. Die Stahlstraße.
Stahlstraße - im Hintergrund das Rathaus
Damals trug diese ummauerte Sackgasse noch die Bezeichnung Dirnenwohnheim oder Laufstraße. Und kurz davor auf der Nordhoffstraße befand sich die kleine „Puffwache“. Ja, richtig gelesen. Dort befand sich eine Polizeiwache, weil um die Ecke verkehrsmäßig immer etwas los war. Schlägereien, Beischlafdiebstahl, Zahlungsstreitigkeiten. Als noch nicht einmal volljähriger Oberwachtmeister von knapp 19 Jahren waren die Einsätze im Rotlichtviertel immer reizvoll. Also, rein dienstlich.
Das Haus, in dem sich die "Puffwache" befand - unten links

Zurück zum Geburtstagskind. Die Alten sprachen davon, dass das alte, schöne Rathaus in der Innenstadt nach dem Krieg abgerissen wurde. Eines der wenigen Gebäude, die den Bombenangriffen der Alliierten stand hielt. An dieser Stelle stand jetzt ein viereckiger Klotz. Das Kaufhaus Wertheim. Die Innenstadtstadt lag zu 90 Prozent in Trümmern, den Rest erledigten nach dem Krieg die Stadtplaner. Eine von vielen architektonischen Nachkriegssünden.
Kirmes auf dem "Berg"
 Auf dem Ribbeckplatz, wo jetzt das „neue“ Rathaus steht, habe ich noch eine Kirmes erlebt, nicht weit von der Wache entfernt. Auf der Schützenbahn unterhalb fuhr die Straßenbahn. Und wenige Jahre später begannen die Bauarbeiten für das Rathaus. 1979 war es fertig. Da war ich schon nicht mehr auf meiner geliebten „Gerlingwache“, sondern als junger Kommissar in Steele und beim SEK.
Die zarteste Versuchung


Aber mit ein wenig Lokalpatriotismus schaute ich auf die neue Amtsstube der Stadt. Es wurde eher für unsere Verhältnisse ein Wolkenkratzer: Stahl, Glas, Beton. Höhe 106 Meter, umbauter Raum 330.000 Kubikmeter, 69.000 Quadratmeter Bürofläche für bis zu 1.900 Arbeitsplätze, ein fantastischer Rundblick aus der 22. Etage.
Einst das höchste Rathaus in Deutschland
Schildbürgerachitekten waren allerdings auch am Werk. Der Haupteingang musste ständig geschlossen bleiben. Wegen der Fallwinde. Da flogen die Röcke hoch. Wie am Flatiron-Gebäude in New York. Weltstadtfeeling. Und Kunst am Bauwerk? Laserstrahlen schossen vom Dach aus in den Nachthimmel. Aber nicht lange. Die Piloten der Flugzeuge im Anflug auf Düsseldorf fühlten sich gestört.
Tausende tanzten bei der Loveparade 2007 ums Rathaus


Am 7. Juli 1990 kam das Rathaus in die Schlagzeilen: „Geiselnahme im Ratstrakt am Geburtstag der Oberbürgermeisterin.“


Viele Essener finden den Glaskasten nicht schön. Ich bin da anderer Meinung. So schlecht ist das Rathaus dann doch nicht geworden. Ich mag es.
Happy Birthday zum 40sten, Essener Rathaus

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