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Dienstag, 14. April 2020

Nur ein Foto

Seminur - 2015 - Ein Blick in eine ungewisse Zukunft für das kranke Mädchen

„Was passiert eigentlich mit Deinen Fotos?“, fragte mich mal meine Tochter Nina. Meine Antwort: “Einige stelle ich ins Netz, die meisten schlummern im Computer.“ Eigentlich schade. Da ist ja auch das Problem mit der Datenschutzgrundverordnung. Und der Bildüberflutung. 8 Milliarden Fotos sollen es sein, die täglich durch die Welt geschossen werden. Jeder hat seine Kamera dabei. Ein Foto im Display eines Smartphones ist eigentlich eine Schande. Das Display ist viel zu klein. Ein Foto, so habe einmal gelesen, ist gut, wenn der Betrachter zwei (!) Sekunden darauf schaut.
Ich liebe Fotoausstellung, wie letztens in Düsseldorf von Peter Lindberg oder die von meinem absoluten Lieblingsfotografen James Nachtwey. Schaut euch mal den prämierten Film „WAR PHOTOGRAPHER“ an. https://www.youtube.com/watch?v=doV8xokcTuo
Ich fotografiere gerne Menschen. „I shoot people“, so hieß ein Projekt, dass ich zufällig in einer Galerie in New York entdeckte. Da muss man als Fotograf nämlich mit dem Menschen kommunizieren. Nicht einfach knipsen und fertig.
Im Ronald McDonald Haus, dem Zuhause aus Zeit für Eltern schwer kranker Kinder, habe ich in knapp 15 Jahren unzählige Kinder fotografiert. Die Fotografie war eine Brücke zu
den Kleinen und auch zu den Eltern, wenn sie anfangs noch ein bisschen schüchtern und zurückhaltend waren. Die Mädchen nahmen ihre Kopftücher ab und zeigten mir stolz ihre kahlen Köpfe, wie Alison, Hannah und Sara. Etliche Bilder schlummern digital auf den Festplatten. Einige habe ich in eine geschlossene Gruppe für die Eltern gepostet.
Der emotionale und schwierigste Moment meines Hobbies war vor dem kleinen weißen Sarg, in dem ein kleiner Junge lag. Die meisten wissen schon, wen ich meine, weil ich ihn hier schon oft erwähnt habe. Nach einem gewissen Abstand sagte mir seine Mutter: „Das Foto gibt mir Kraft und Trost, weil ich sehe, wie friedlich er da liegt, als wenn er schläft. Die Krankheit war einfach weg, aus seinem Gesicht verschwunden.“  
Das jetzt abgebildete Foto zeigt ein kleines Mädchen. Seminur heißt sie. Es ist schon fünf Jahre her, als ich sie fotografierte. Man sieht ihre frische Narbe am Kopf. Sie hält eine Kiste vors Gesicht und schaut hinein. „NÄHE HILFT HEILEN“, steht darauf. Das ist das Motto und die Philosophie der 22 Häuser der McDonald’s Kinderhilfe. Ich weiß leider nicht, wie es Seminur jetzt geht. Ich hoffe gut.

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