Seminur - 2015 - Ein Blick in eine ungewisse Zukunft für das kranke Mädchen |
„Was passiert eigentlich mit Deinen Fotos?“, fragte mich mal
meine Tochter Nina. Meine Antwort: “Einige stelle ich ins Netz, die meisten schlummern
im Computer.“ Eigentlich schade. Da ist ja auch das Problem mit der
Datenschutzgrundverordnung. Und der Bildüberflutung. 8 Milliarden Fotos sollen
es sein, die täglich durch die Welt geschossen werden. Jeder hat seine Kamera
dabei. Ein Foto im Display eines Smartphones ist eigentlich eine Schande. Das
Display ist viel zu klein. Ein Foto, so habe einmal gelesen, ist gut, wenn der Betrachter
zwei (!) Sekunden darauf schaut.
Ich liebe Fotoausstellung, wie letztens in Düsseldorf von Peter
Lindberg oder die von meinem absoluten Lieblingsfotografen James Nachtwey. Schaut euch mal
den prämierten Film „WAR PHOTOGRAPHER“ an. https://www.youtube.com/watch?v=doV8xokcTuo
Ich fotografiere gerne Menschen. „I shoot people“, so hieß
ein Projekt, dass ich zufällig in einer Galerie in New York entdeckte. Da muss
man als Fotograf nämlich mit dem Menschen kommunizieren. Nicht einfach knipsen und
fertig.
Im Ronald McDonald Haus, dem Zuhause aus Zeit für Eltern schwer
kranker Kinder, habe ich in knapp 15 Jahren unzählige Kinder fotografiert. Die
Fotografie war eine Brücke zu
den Kleinen und auch zu den Eltern, wenn sie anfangs noch
ein bisschen schüchtern und zurückhaltend waren. Die Mädchen nahmen ihre
Kopftücher ab und zeigten mir stolz ihre kahlen Köpfe, wie Alison, Hannah und
Sara. Etliche Bilder schlummern digital auf den Festplatten. Einige habe ich in
eine geschlossene Gruppe für die Eltern gepostet.
Der emotionale und schwierigste Moment meines Hobbies war vor dem kleinen weißen Sarg, in dem ein kleiner Junge lag. Die meisten
wissen schon, wen ich meine, weil ich ihn hier schon oft erwähnt habe. Nach einem gewissen Abstand sagte
mir seine Mutter: „Das Foto gibt mir Kraft und Trost, weil ich sehe, wie friedlich er da liegt, als wenn er schläft. Die Krankheit war einfach weg, aus seinem Gesicht
verschwunden.“
Das jetzt abgebildete Foto zeigt ein kleines Mädchen. Seminur
heißt sie. Es ist schon fünf Jahre her, als ich sie fotografierte. Man sieht ihre frische Narbe am Kopf. Sie hält eine Kiste vors
Gesicht und schaut hinein. „NÄHE HILFT HEILEN“, steht darauf. Das ist das Motto und die Philosophie
der 22 Häuser der McDonald’s Kinderhilfe. Ich weiß leider nicht, wie es Seminur jetzt geht. Ich hoffe gut.
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