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Dienstag, 29. November 2016

Filmtipp: Paula - Das Leben ist ein Fest



Sie passte nicht ins (künstlerische) Männerbild von damals. Bekannt und berühmt wurde die Malerin erst nach ihrem Tod. Paula Modersohn-Becker(1876 – 1907)starb im Alter von 31 Jahren, drei Wochen nach der Geburt ihrer Tochter. Jetzt wurde ihr Leben verfilmt: Paula – Das Leben ist ein Fest. Gestern war Premiere in der Essener Lichtburg. Tolles Drehbuch und Regie. Wunderbare Aufnahmen (Kompliment an den Kameramann), wunderbare Schauspieler. Besonders die Hauptdarstellerin Carla Juri als Paula hat mich begeistert. Unbedingt anschauen. Der Film kommt am 15.12.2016 in die Kinos.
Ihre letzte Ruhestätte fand Paula Modersohn-Becker auf dem Friedhof des Künstlerdorfes Worpswede in der Nähe von Bremen (Reisetipp).


Carla Juri und der Regisseur Christian Schwochow

 
Das Team nach der Vorführung
 
 


Vor dem Paula Modersohn-Becker Museum in Bremen


Die Grabstätte in Worpswede


Dienstag, 22. November 2016

Respekt



Die NRW-Landesregierung hatte die vergangenen Woche zur „Woche des Respekts“ ausgerufen, ein Zeichen gegen Hass und Gewalt, für ein friedliches Miteinander und Wertschätzung.  Ich möchte an dieser Stelle einmal meinen Respekt unseren Politikern zollen. Ja, richtig gelesen. Bei aller Kritik, die meisten machen einen guten Job, ob ehren- oder hauptamtlich. Viele Mandatsträger werden allerdings angefeindet, beleidigt, verächtlich gemacht oder sogar bedroht, besonders nach Stammtischmanier in den sozialen Netzwerken. Mein Rat an alle Hassprediger: Runter von der Couch, Finger weg vom Computer und böse, menschenverachtende Kommentare weglassen, Hintern hoch und ab in eine demokratischen Partei. Dann könnt ihr zeigen, ob ihr es besser machen könnt,  ihr an manchen Tagen 16 Stunden arbeiten, auf das Wochenende und geregeltes Familienleben verzichten oder euch sogar beleidigt lassen möchtet. 
 

Das Foto habe ich in den späten Abendstunden (!) bei der SPD  im Essener Rathaus gemacht. Von links nach rechts:  NRW-Justizminister Thomas Kutschaty, Bundestagsabgeordneter Dirk Heidenblut und Ratsfrau Janine Laupenmühlen









Sonntag, 20. November 2016

Erinnerung an Moritz




Totensonntag. Heute denken  wir an unsere verstorbenen Familienangehörigen, Freunde, Bekannten, Arbeitskollegen. Ich denke vor allen Dingen an Moritz, der genau vor zwei Jahren ging, im Alter von nur acht Jahren, und an seine Familie. Ich kenne niemand, der bei mir so viel gute Erinnerungen, Freude und Nähe hinterlassen hat, wie das kleine Männlein, der so gerne Polizist werden wollte. Moritz eroberte dort durch seine besonders fröhliche, offene Art, durch seinen schwäbischen Dialekt die Herzen aller, trotz seiner Krankheit. Meins besonders. Fünf Wochen vor seinem Tod besuchte ich ihn zum letzten Mal in der schwäbischen Kleinstadt Mühlheim an der Donau. Moritz klammerte sich da schon sehr eng an seine Mama, ließ sie kaum aus den Augen. Sie wollte an diesem Samstag einmal für ein paar Stunden abschalten, einen halben Tag mit ihren Freundinnen verbringen. Moritz ließ sie gehen, weil er wusste, dass sein großer Freund aus Essen kam, erzählten mir später seine Eltern. Er saß stundenlang auf meinem Schoß. Zusammen mit seinem Papa und Bruder schauten wir Fußball. Am 20.11.2014 starb Moritz.




Ein föhlicher Moritz im Duisburger Zoo


Sonntag, 13. November 2016

1000. Tatort



Herzlichen Glückwunsch zum 1000. Tatort – gleich im Ersten.  Und wie oft musste ich mir im Laufe der Jahrzehnte von meiner Frau anhören: “Reg’ dich nicht auf. Ist doch nur ein Film.“ Dies zum Thema Polizeiwirklichkeit. Im 100. Tatort „Ein Schuss zuviel“, ausgestrahlt 1979, musste (durfte) ich mitspielen,  quasi dienstverpflichtet. Mein Dialog mit Hans-Jörg Felmy alias Kommissar Heinz Haferkamp. Er: “Ist der Herr Kreutzer da.“ Ich: „Ja, der ist rechts im Büro.“ Ende meiner Schauspielkarriere.

Begegnung in der Dunkelheit

Ein Autogramm vom "Kommissar" für den Kommissar

Freitag, 11. November 2016

Freund Hein



Immer wenn ich als junger Mann meine Eltern besuchte, lag auf der Küchenanrichte meist ein Totenbrief. Es war wieder jemand gestorben. Aus der Familie, dem Kollegen- oder Bekanntenkreis. „Papa war in dieser Woche auf einer Beerdigung,“ hörte ich meine Mutter oft sagen. Ich war noch zu jung, um zu verstehen, dass so viele Menschen im Umkreis meiner Eltern gingen. Und viele Jahre später, geht es mir ähnlich. Die Konfrontationen mit dem Sterben nahestehender Menschen nehmen zu. Ich bin ja auch schon als Rentner und Opa auf der Zielgraden des Lebens. Da ich aber irgendwann beschlossen habe, den Tod als meinen Freund ("Hein") zuzulassen, ängstigt er mich nicht mehr.

Heute trugen wir einen lieben Kollegen zu Grabe. Erhard, 66 Jahre alt. Er war Polizist, aber vor allen Dingen Musiker. Sein letzter Gang wurde unter großer Anteilnahme von seinem Blasorchester und dem Polizeimusikkorps NRW begleitet. „Swing low, sweet Chariot“. 


 © uk-Fotos




Große Anteilnahme


Wir hatten einen Kameraden



Mittwoch, 9. November 2016

Bein ab oder Bein dran



Die USA haben gewählt - Donald Trump zum neuen Präsidenten. Was kein Experte (Journalist, Wahlforscher, Politiker) für möglich gehalten hat, ist eingetreten. Alle lagen mit ihrer Prognose daneben. Es ist wie es ist - ein demokratisches Votum. Häme, Spott und Unverständnis geistern durchs Netz. „Miss Liberty“ schlägt die Hände vors Gesicht. Und ich frage mich: Muss ich mir nun mein linkes Bein abnehmen lassen? Denn darauf ist die Freiheitsstatue, ein Symbol für Freiheit und Unabhängigkeit Nordamerikas, für immer verewigt. Meine Hommage an New York.
Die „Statue of Liberty“ war das erste, was Millionen Einwanderer bei der Einfahrt in den Hafen von New York, gesehen haben. Ein Symbol für ein besseres Leben. Vielleicht auch die deutschen Großeltern vom jetzigen Präsidenten? Nein, ich lass mein Bein dann doch dran. Für alle, diejenigen die Trump nicht gewählt haben. Und dies waren mehr als die Hälfte der US-Bürger.

Mein Bein bleibt dran (Foto: René Kloeters)

Montag, 7. November 2016

Dr. Hören



Von außen wird man häufig auf sein zunehmendes Alter hingewiesen. Ich frage mich oft, wie die Fachfirmen so zielgruppenorientiert an die Anschriften kommen. Jetzt flatterte wieder einmal so eine Einladung ins Haus. „Kostenloser Gratis-Hörtest. Ergebnis in nur 15 Minuten.“ Und sofort hatte ich in diesem Fall meinen geliebten Bergfriedhof vor Augen. Also, nicht dass ich schon den Löffel abgeben möchte, sondern ich erinnerte mich spontan an den Grabstein von Dr. Husten und Dr. Hören, die hier schon lange Jahren ruhen. Ach so, ich gehe noch nicht hin zum kostenlosen Hörtest. Noch nicht.






© uk-Foto

Sonntag, 6. November 2016

Miss Essen 1955



Am 90. Geburtstag von Tante Helga, einer sehr guten Bekannten unserer Familie, lernte ich jetzt ihre zwei Schwestern kennen. Auch sie im hohen Alter, jenseits der 80, was man den Damen allerdings nicht ansieht. Und dann erfuhr ich, dass die jüngste sogar einmal „Miss Essen“ war. Und zwar vor sage und schreibe 60 Jahren. 1955 ging Renate Böhm über den Laufsteg im Saalbau, Essens guter Stube. Gewählt zur schönsten Frau Essens wurde die damals 20-Jährige nicht von einer Jury sondern vom Publikum. Die Veranstaltung richtete die Firma Opal aus, in den 50- und 60er-Jahren führend in der Fertigung von Damen-Nylon-Feinstrumpfhosen. Die Modelkarriere von Renate Böhm begann in der Wirtschaftswunderzeit auf der Straße in Gelsenkirchen, als die damals schon verheiratete junge Frau einfach so von einem Fotograf aus Essen-Werden angesprochen und zu einem Fotoshooting eingeladen wurde.
 



 
Renate Böhm heute im Alter von 81 Jahren und...


 ...im Alter von 20 Jahren auf einem Werbefoto

Renate Böhm rechts im Bild
 


© uk-Foto / Repro

Mittwoch, 2. November 2016

Oleg Popov ist tot.



Einer der berühmtesten Clowns starb heute in Rostow am Don (Russland) an einer Herzattacke. Er wurde 86 Jahre alt. Im letzten Jahr durfte ich ihn beim Besuch der Essener McDonald Kinderhilfe im Hundertwasser Haus kennen lernen und fotografieren. Ohne Worte, nur mit Gesten, Mimik und Augenschlag brachte er die Kinder zum Lachen. Einer der größten seines Fachs. Meine Anteilnahme und Beileid gilt seiner sympathischen Ehefrau Gabi.

© uk-Fotos: Oleg Popov ungeschminkt – mit meiner kleiner Freundin Samantha – mit seiner Ehefrau Gabi




Polizeistatistik - Teil 2


Nach seinem Auftreten im Innenausschuss der NRW-Landtags und der folgenenden medialen Berichterstattung hat mein Kollege, Kriminalhauptkommissar Dr. Frank Kawelovski, einen "Offenen Brief" geschrieben, gerichtet an seine Polizeikolleginnen und -kollegen:




Mülheim, 29.10.16
 
Offener Brief zum Thema „Verzerrung von PKS-Aufklärungsquoten“


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

am 27.10.16 hat es eine Innenausschusssitzung des NRW-Landtages gegeben, in der über ein Maßnahmenpaket der CDU-Fraktion zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchs beraten wurde. Hierzu bin ich neben anderen Fachleuten vom Landtag als Gutachter bestellt und auch in der Sitzung vom Innenausschuss angehört worden. In meinem Gutachten habe ich zu zahlreichen Aspekten der Einbruchsbekämpfung Stellung bezogen und glaube nach wie vor, eine differenzierte und objektive Bewertung abgegeben zu haben. Das 18-seitige Gutachten kann unter dem Link

https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?Id=MMST16/4352

eingesehen werden. Das mediale Interesse an dem Gutachten hat sich sehr schnell auf einen einzigen
Punkt meiner Stellungnahme, eine deutlichen Kritik an dem exzessiven Umgang mit den Aufklärungsquoten der PKS und einer kleineren Zahl echter Statistikfälschungen fokussiert. Mir war schon zuvor klar, dass dieser Punkt Interesse wecken würde, allerdings hat mich das Ausmaß der öffentlichen Reaktionen überrascht. Ich habe zudem innerhalb von zwei Tagen über unterschiedlichste Kanäle mehr als 200 Rückmeldungen von Polizeikolleginnen und -kollegen dazu bekommen. Diese Rückmeldungen waren ausnahmslos positiv und reichten von über „Mutig! Ich wünschte, ich würde mich so etwas auch trauen“ bis „Hoffentlich hast du jetzt erreicht, dass dieser Quoten-Irrsinn aufhört und niemand mehr verprügelt wird, der Überstunden macht, aber keine Wunschzahlen liefert“. Diese Rückmeldungen haben mich gestärkt, zugleich habe ich aber auch von Kollegen gehört, dass es durchaus sehr kritische Bewertungen gab, die im Extrem Inhalte wie „Nestbeschmutzer“, „Dreckschleuder“und „Kollegenschwein“ trugen. Leider hat sich nicht ein einziger (!) dieser Kritiker bei mir persönlich gemeldet. Ich bin jederzeit zu einem von Sachargumenten und gegenseitigem Respekt getragenen Austausch bereit. Ich halte für möglich, dass der eine oder andere, der sein Unverständnis über mein Gutachten geäußert hat, nur einzelne, zum Teil verkürzte und medial verzerrte Informationen hatte, aber weder mein Gutachten gelesen, noch die Videoaufzeichnung der Landtagssitzung

https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/Webmaster/GB_I/I.1/video/video.jsp?id=1003951

gesehen hat. Vielleicht käme er in Kenntnis dieser Quellen nicht mehr zu dem Ergebnis, dass ich die Kollegenschaft und die Polizei in ein schlechtes Licht gerückt habe, sondern an einem einzelnen Punkt Kritik geübt habe, zu dem ich allerdings auch unverändert stehe. Ich gebe meinen mir nicht bekannten Kritikern auch zu bedenken, dass ich mich nicht mit verpixeltem Gesicht, computerverzerrter Stimme und Geheimdokumenten in der Tasche vor Fernsehkameras gesetzt habe, sondern mich – im Bewusstsein persönlicher Angreifbarkeit – mit offenem Visier zur Sache geäußert habe. Leider kommunizieren die wesentlichen Entscheidungsträger nicht mit mir, sondern ausschließlich über mich. Eine DPA-Meldung, nach der ich meine Aussagen zur Statistikfälschung später zurückgenommen habe, ist übrigens falsch und von einigen Medien zwischenzeitlich auch korrigiert worden.
Ich glaube, dass wir in der nordrhein-westfälischen Polizei gute Arbeit leisten und wir uns auch bei der Einbruchsbekämpfung nicht verstecken müssen. Allerdings sollten wir es auch nicht nötig haben, in einem unredlichen Maße Quoten künstlich und mit aller Gewalt nach oben zu drücken, obwohl wir
sie auch bei größtem Bemühen nicht erreichen können. Der Einbruchdiebstahl ist ein äußerst schwer
aufklärbares Delikt und wird es – auch bei größter Anstrengung, Auswege aus dem Dilemma zu finden – bleiben. Ich möchte weder mit Herrn Jäger im Innenministerium noch mit den Polizeipräsidenten tauschen, die die Ergebnisse der Kriminalitätsbekämpfung zu verantworten haben und nach außen vertreten müssen. Jedoch müssen wir von jedem Verantwortlichen auch ein Mindestmaß an Ehrlichkeit und Rückgrat erwarten können. Wenn ich in der Zeitung lese, dass etwa die Essener Kripo- Chefin Frau Thon erklärt haben soll, dass es eigentlich auf die Aufklärungsquoten nicht ankomme, so wundert mich dies. Noch bis zum Tag zuvor war in allen Veröffentlichungen des Innenministeriums und der Polizeipräsidien die Quotenerhöhung neben der Senkung der Fallzahlen zu einem der beiden Hauptziele der Einbruchsbekämpfung erklärt worden.

Wenn wir glauben, dass wir uns über stark verzerrte oder sogar gefälschte Aufklärungsquoten nach außen in ein besseres Licht setzen müssen, so gebe ich zu bedenken, dass wir damit das Lagebild „PKS“, aus dem wir wichtige Sachinformationen für die Kriminalitätsbekämpfung schöpfen müssen, unbrauchbar machen und dass wir mit jeder Phantom-Aufklärung auch einen Phantom-Tatverdächtigen erzeugen, der mit all seinen Merkmalen in die PKS eingeht und in der Masse schließlich ein fiktives Bild davon formt, wer unsere Täter sein könnten. Mit einer verzerrenden Darstellung legen wir allerdings leichtfertig einen Generalverdacht auf ganze Bevölkerungsgruppen. Ich weiß aus meiner eigenen 36-jährigen Polizeipraxis, dass genug Menschen aus Osteuropa unser Land aufsuchen, um hier Straftaten zu begehen. Wenn wir den Umfang dieses Phänomens aber mit Zahlen erhöhen, ohne für die Höhe valide Beweise zu erbringen, so tun wir denen Unrecht, die aus diesen Ländern kommen und hier nur ihrer Arbeit nachgehen und ein friedliches und gesetzestreues Leben führen wollen. Ich kenne selbst Familien aus Osteuropa, die sich durch die medialen Darstellungen des Themas „Osteuropäer und Kriminalität“ belastet fühlen. Neben diesem Aspekt erzeugt ein leichtfertiger Umgang mit der PKS aber auch noch weitere Schäden. So wird jedem Bürger die Möglichkeit genommen, sich ein klares Bild über das Kriminalitätsgeschehen in unserem Land zu machen. Wir sollten es aber nicht nötig haben, die Bürger über die wahren Kriminalitätsverhältnisse und auch über die Möglichkeiten und Grenzen polizeilicher Arbeit zu desinformieren. Und schließlich sorgt ein manipulativer Umgang mit Aufklärungsquoten auch dafür, dass Behörden – und ihre Mitarbeiter – die fleißig Einbruchsbekämpfung betreiben, aber in der Darstellung ihrer Arbeitserfolge ehrlicher sind, politisch und dienstlich gegeißelt werden, weil sie scheinbar schlecht gearbeitet haben.
Ich sehe in einer Gesamtbewertung nicht, dass wir in Nordrhein-Westfalen schlechte Polizeiarbeit leisten. Viele Kolleginnen und Kollegen machen Überstunden und reißen sich – zum Teil ohne dafür nur die geringste Anerkennung durch Vorgesetzte zu erhalten – für ihre berufliche Arbeit ein Bein aus. An den Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung – ich selbst unterrichte in Mülheim – sitzen junge Frauen und Männer, die für ihre Berufswahl brennen und es nicht abwarten können, die Menschen im Land zu schützen und bereit sind, sich dafür selbst Gefahren auszusetzen. Es gibt also ein großes und gutes Potential.

Ich stehe, damit möchte ich abschließen, für eine sachliche Auseinandersetzung zur Verfügung. Ich hoffe, dass es genug Kollegen gibt, die Ursache und Wirkung nicht miteinander verwechseln. Man sollte nicht den Stromableser verprügeln, wenn der Stromverbrauch zu hoch war. Darüber hinaus möchte ich auch jeden Kollegen, der Missstände feststellt, ermutigen, diese beim Namen zu nennen,
egal ob er damit dem Mainstream folgt oder nicht. Nur so kann sich eine Organisation wie die Polizei
positiv fortentwickeln. Konstruktive Kritik ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie und unseres Rechtstaates, Mauschelei und Vertuschung lassen beides untergehen, den Beweis hat die Geschichte
vielfach erbracht.

Mit besten Grüßen und guten Wünschen für die Arbeit
Euer / Ihr
Frank Kawelovski

Frank Kawelovski in historischer Uniform am Tag des Polizeimuseums in diesem Jahr. Er kennt die Polizei aus dem Effeff  - ©uk-Foto



Polizeistatistik oder Lügen mit Zahlen



„Lügenzettel“ wurde (und wird?) der so genannte Streifen- bzw. Einsatzbefehl, der immer nach Dienstende ausgefüllt werden muss, in Kollegenkreisen genannt. Das waren meine ersten Erfahrungen als junger Schutzmann zum Thema Wahrhaftigkeit. Die „Fälschungen“ gingen bei anderen Erfassungen weiter (Anzahl der Verkehrskontrollen, Alkoholtest etc.) Überall dort, wo Zahlen erhoben werden mussten (!), nahmen meine Kollegen und ich es mit der Wahrheit nicht immer ganz so genau. Die Gründe waren  vielfältig.  Eigentlich wollte man „nach oben“ immer gut aussehen und keinen Anlass zur Kritik oder gar Schelte geben. So wurde zum Beispiel der Konkurrenzkampf unter den Dienstgruppen über die Zahlenübersichten ausgetragen. Und diese Zahlenmauscheleien zogen sich über 40 Jahre durch mein polizeiliches Berufsleben. Selbst bei elektronischen Erfassungsmethoden,  legte der ein oder andere Kollege Hand an. Immer dort, wo es möglich war. Jetzt hat mein geschätzter Kollege Kriminalhauptkommissar und Wissenschaftler Dr. Frank Kawelovski an der Fachhochschule für Polizei in Duisburg den Nachweis der Ungenauigkeit durch eine Studie über die Aufklärungsquoten bei den Wohnungseinbrüchen im Innenausschuss der Landtags NRW öffentlich gemacht. Mein Plädoyer in Richtung Ministerium. Hört endlich mit dem Erfassungswahnsinn und den Vergleichen der Polizeibehörden auf. Er erzeugt nur Druck bei den Kollegen und führt zur Unwahrheit. Keine Polizeibehörde ist besser als die andere. In allen Bundesländern. Polizeiarbeit ist überall gleich gut oder gleich schlecht. Sie wird durch den Statistikwahnsinn nicht besser. Man muss ja nicht ganz darauf verzichten. Ich bin fest davon überzeugt, dass es in anderen Bereichen und Berufen ähnlich zugeht. In diesem Zusammenhang empfehle ich das Buch „Lügen mit Zahlen – wie wir mit Statistiken manipuliert werden“ von Gerd Bosbach und Jens Jürgen Korff, erschienen im Heyne-Verlag.

Zurück zu Frank Kawelowski. Er schreibt in einem offenen Brief nach der Diskussion über seine Studie: „Nur so kann sich eine Organisation wie die Polizei positiv fortentwickeln. Konstruktive Kritik ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie und unseres Rechtstaates, Mauschelei und Vertuschung lassen beides untergehen, den Beweis hat die Geschichte vielfach erbracht.“