Es gibt sprachlose Momente im Leben. So einen habe ich heute erlebt. An meinem 70. Geburtstag. Viele, ganz viele, Menschen haben mir gratuliert. Kein Wunder, wenn man im sozialen Netzwerk seit Jahren unterwegs ist. Man hat viele „Freunde und Freundinnen“ darin. Eine heißt Selma Poljak Dedić. Sie und ihre Familie haben meine Frau und ich bei der Kinderhilfe im Hundertwasserhaus kennengelernt. Ihr Sohn Emir ist krank, schwer krank. Die Familie aus Linz stammt ursprünglich aus Bosnien, während des Balkankriegs vertrieben und in Österreich gestrandet. Selma schenkt mir heute zum Geburtstag einen Text. Ich weiß durch ihre Beiträge im Netzwerk, dass sie gut schreiben und formulieren kann. In ihrer Muttersprache. Ich lasse die Texte mit Hilfe von Google übersetzen. Auch wenn sie in Deutsch nicht so ausdrucksstark sein können. Trotzdem begeistern sie mich. Im Mittelpunkt ihrer Gedanken steht meist Emir, ihr schwer kranker Sohn, aber auch ihre Tochter Hana und ihr Mann. Die Österreicher würden sagen, Emir, ein braver Bub. In Hochdeutsch übersetzt: Emir, ein tapferer Junge. Selma über ihn am am Internationalen Tag krebskranker Kinder : "Mehr gereift als viele Erwachsene, fest und stark wie ein Grat immer vom Wasser getröstet, mein Emir, der Held meines Lebens." Von diesen kleinen, starken Geschöpfen haben wir in der Kinderhilfe viele kennenlernen dürfen. Auch wenn es manche nicht geschafft haben. So wie Moritz (8), Samantha (11) oder Theo (8).Heute bin ich 70 Jahre alt geworden und bekomme dieses wunderbare Geschenk von Selma. Zeilen, die ich mit euch teilen möchte, weil sie so kraftvoll, so sensibel und liebevoll formuliert sind. Als älterer Herr bin ich gerührt von diesem schönen Geschenk, das durch ein materielles nicht getoppt werden kann. Und es ist mir nicht peinlich zu sagen, dass meine Augen feucht wurden. Danke, liebe Selma.
Selma Poljak Dedić 2018 |
Selma schreibt:
„Oft trifft man ganz tolle Menschen die einem in guter Erinnerung bleiben, einem das gute Bauchgefühl vermitteln, beim Gedanken an sie ein Lächeln auf die Lippen zaubern und das alles in ganz, ganz schweren Lebenssituationen.
In so einer unerwünschten Situation haben wir ihn kennengelernt, wir kamen in seiner Heimatstadt Essen an, mit ganz viel Ungewissheit und Angst im schweren Gepäck. Viele ganz tolle und bemühte Menschen haben uns damals im Essener Ronald McDonald Haus empfangen, haben sich um uns gekümmert, haben uns bekocht und haben ihr Bestes gegeben, um dieses Zuhause auf Zeit ein bisschen mehr heimelig zu machen….und da war auch er, Woche für Woche kam er mit seiner liebenswürdigen Frau und kümmerte sich um Menschen dort auf seine eigene und besondere Art.
Die etwas andere gute Seele dieses Hauses.
Ich glaube, dass es kein Kind oder keine Familie im schönsten Haus von Essen gibt, die nicht durch sein Objektiv verewigt wurde.
Durch seinen früher ausgeübten Beruf sorgte er für eine gewisse Ordnung und Recht, eine bestimmte Sicherheit in dieser unsicheren Zeit, er strahlte so viel positive Energie und Hoffnung aus und seine natürliche Neugier und Wissbegierde war und ist unersättlich. Er interessierte sich für Menschen, ihre Geschichten, wie sie sind, woher sie kommen, wie sie die Welt sehen und erleben, wo sie hin möchten? Manchmal war es wie ein liebevolles "Verhör", dabei konnte er nicht anders und merkte sich so viel Wichtiges und Nebensächliches, um das nächste Mal wieder genau dort anknüpfen zu können. Dadurch vermittelte er den Menschen das Gefühl, das sie mehr sind und noch immer ein anderes Leben außerhalb der bunten Mauern haben, ein Leben welches danach wieder auf sie wartet.
Jahre vergingen und jedes Mal, wenn wir wieder dort waren, kam er vorbei, wollte ein Update, wollte wissen wie es uns geht, das schätzte ich immer sehr.
Wie es das Schicksal haben wollte, kam er dann leider selbst in Versuchung und nahm es wie die Kinder des Ronald McDonald Hauses tapfer mit dieser elendig grausamen Krankheit auf. Jetzt nach dieser intensiven Zeit kann er die Menschen aus dem bunten Haus noch besser verstehen und spüren, kann die Geschichten noch mehr nachvollziehen.
Und weil das Leben nur den Starken, Tapferen und Unerschrockenen immer eine weitere Chance gibt, bekam auch er ein zweites, wenn auch anderes Leben und ich freue mich dass es ihm heute gut geht, dass er Pläne schmiedet und Reisen plant, das Leben genießt, liest und uns seine Sicht der Dinge auf seiner Facebook Wand teilt.
Heute feiert er einen
runden Geburtstag und ich freue mich mit und für ihn, dass er das kann und
darf. Ich freue mich auf ein weiteres Wiedersehen, auf ein wie immer gutes
Gespräch und auf viel Lachen, bis dorthin wünsche ich dir viel Gesundheit,
Freude, Neugier, Zufriedenheit, Glück und ganz viele tolle Gespräche mit
besonderen Menschen. Alles Gute zu
deinem 70. Geburtstag lieber Uwe Klein!
Es umarmen dich die Österreicher mit bosnischen Wurzeln, auf bald, Servus und pass auf dich auf.“
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