Amtseinführung 1988 - v. l. n. r. Michael Dybowski , IM Herbert Schnoor und Vorgänger PP Max Bloser |
Bereits im Ruhestand bei seinem 70. Geburtstag |
Amtseinführung 1988 - v. l. n. r. Michael Dybowski , IM Herbert Schnoor und Vorgänger PP Max Bloser |
Bereits im Ruhestand bei seinem 70. Geburtstag |
„Ich bin in Blut gewatet“, sagte vor 50 Jahren ein älterer Polizeikollege, der im Krieg in einem Polizeibataillon eingesetzt war, aus heiterem Himmel zu mir. Wir saßen im Streifenwagen. Dieser Satz hat sich bei mir eingebrannt. Ich weiß nicht, warum er diesen Satz loswerden musste? War es die Last der Verbrechen, die er mit sich herumtrug. Die Träume, die ihn nachts schlafen ließen?
Ich war von dem Geständnis überrascht, 19 Jahre alt, noch in der Ausbildung und nicht neugierig genug, um weiter zu fragen. Das ärgert mich heute. Aber dieser Satz hat sich irgendwie bei mir eingebrannt: "Ich bin in Blut gewatet"
Ein anderer „Kriegsveteran“ der Polizei - schon im Rentneralter - sagte mal auf meine Frage, was er denn im Krieg erlebt habe. „Ich war bei Erschießungen dabei.“ Und gleich wieder entschuldigend: „Aber nur als Zeuge.“
Das Buch zur gleichnamigen Ausstellung in Berlin 2011 |
"Wir haben für Sicherheit und Ordnung gesorgt oder waren bei der Partisanenbekämpfung eingesetzt", antwortete mir ein Polizeihauptkommissar a. D., der auf allen Kriegsschauplätzen in Europa polizeilich unterwegs war, auf meine Frage: "Was er denn da gemacht habe?"
Die Polizei hat lange ihre Rolle in der Nazizeit verschwiegen. Das Böse war die SS. Vergessen wurde allerdings, dass die Polizei ein Teil des Bösen und Heinrich Himmler auch ihr gemeinsamer Chef war. Erst viel später begann die historische Aufarbeitung. Zu spät. Alle polizeilichen Sparten (Kriminal-/ Schutzpolizei, Gestapo) waren am Völkermord beteiligt. Und einige der Haupttäter machten nach dem 1945 wieder Karriere bei der Polizei. Nur ganz wenige mussten sich vor Gericht verantworten.
Heute erinnern wir uns wieder an die Gräueltaten der Deutschen, denen Millionen Menschen zu Opfer fielen. Immer am 27. Januar eines Jahres. An diesem Tag 1945 wurde das Konzentrationslager „Auschwitz“ von der Sowjetarmee befreit. Allein hier wurden schätzungsweise bis zu 1,5 Millionen (!) Menschen bestialisch ermordet oder starben an den Umständen im Lager.
Wer einmal die Gedenkstätte „Yad Vashem“ in Israel besucht hat, kann vielleicht im Entfernten nachempfinden, welches Leid das damalige Deutschland weltweit angerichtet hat.
http://ausserdienst.blogspot.com/2019/05/israel-jerusalem-kinder-und-viele.html
Und das Gift des Antisemitismus hat sich in der Gesellschaft gehalten und schleicht
immer langsamer voran. Deshalb ist das Erinnern so wichtig. Auch für die
Polizei.
2021 - Die Essener Polizei legt das Buch neu auf |
Und dann gibt es noch ein Lied von einem, den ich sehr mag. Herman van Veen sang es vor knapp 40 Jahren. Der Text und die Übersetzungen stammen von Willem Wilmik und Thomas Woitkewitsch.
Wenn’s nur anders ausgegangen wär
Wenn Hitler seinen Kampf gewonnen hätte - ist der Gedanke
denn so hirnverbrannt,
gäb’s keine deutsche
Frau mit Zigarette - dann herrschten Zucht und Ordnung hier im Land.
Dann würde es die Dritte Welt nicht geben und dafür nur ein großes Drittes Reich. Der Sozialismus wäre nicht am Leben und trotzdem wären alle Menschen gleich. Gewerkschaften gäb's keine mehr - wenn's anders ausgegangen war'
Dann gäb's nicht das Problem der Asylanten - hierher zu wollen hätte wenig Sinn. Verschwindend war die Zahl der Emigranten - wo sollten die denn schließlich schon noch hin. Man spräche auch nicht mehr von Arbeitslosen - dann hätte man die Vollbeschäftigung. Es nähmen keine Umweltschutz-Mimosen dem Bau der Autobahnen seinen Schwung. Die Rüstung hätt' es nicht so schwer - wenn's anders ausgegangen war'
Für Homosexuelle streng verboten - die Schilder hingen dann an jeder Bar. Es gäbe keine Grünen, keine Roten - wohin die alle kämen, ist wohl klar. Am Bahnhof saß' kein Penner und kein Streuner - kein Fixer gab' sich dann mehr einen Schuss. An keine Haustür käm' mehr ein Zigeuner - auch mit den Juden war' für immer Schluss. Die Krankenhäuser wären leer - wenn's anders ausgegangen war'
Inzwischen wäre Hitler mehrfach Opa - wenn auch wahrscheinlich nicht durch Eva Braun. Und längst war' ihm gelungen, in Europa - was die EG will - die Zölle abzubau'n. Es herrschte das gesunde Volksempfinden - und das mag keinen längeren Prozeß wer aneckt, würde über Nacht verschwinden - dein Freund und Helfer hieße dann SS
Und ich, ich sänge sicher auch nicht mehr, wenn's anders ausgegangen war'
Heute würde man dazu Datingplattform sagen. In den früheren Jahren des 20. Jahrhunderts befand sich so ein Ort am Polizeipräsidium (erbaut von 1914 – 1918) zwischen Hufeland-, Virchow- und Weyerstraße (jetzige Büscherstraße) auf der Stadtteilgrenze in Rüttenscheid und Holsterhausen. Sonntagvormittag spielte zum Frühkonzert die Musik dort auf – die Polizeimusik. Märsche, Ouvertüre, Walter, Potpourris. Und dann schauten zwischen dem angrenzenden Park und dem imposanten Gebäude junge Frauen und Männer vorbei und testeten bei flotter Musik ihren „Marktwerk“. So manche Eheschließung nahm hier am Haumannshof ihren Anfang.
Sonntagsmatinee 1926 am Polizeipräsidium |
Günther Eggert, der langjährige Leiter des Polizeimusikkorps, erzählte gerne davon. Er kam nach dem Krieg als Musiker zur Polizei. Der damalige Polizeichef Neitzel suchte noch einen Hornisten. Den fanden er mit Günther Eggert, der auf der Folkwang Musikhochschule in Essen-Werden das Instrument studierte. So wurde er Polizist und später Chef des Polizeimusikkorps (PMK). In der Hochzeit des RAF-Terrorismus in den 1970 er-Jahren wurden die Beamten schon einmal zur Fahndung herangezogen. Dann wechselten sie das polizeiliche Einsatzmittel. Von der Klarinette zur Anhaltekelle, von der Trompete zur Maschinenpistole. Die musizierenden Beamten wurden nach und nach zu Angestellten. Die Dienstgradabzeichen auf den Schultern der Uniform änderten sich. Von den Sternen zur Lyra. Das Essener Polizeimusikkorps gibt es nicht mehr.
Gibt es bald auch die Polizei im Polizeipräsidium im Rüttenscheider Justizviertel auch nicht mehr? Polizeipräsident Frank Richter plant den Auszug, die Kündigung für 2025 ist an den landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) raus. Das Ministerium hat schon eine europaweite Ausschreibung auf den Weg gebracht, heißt es in den Medien.